Zitat von
Crazynaddl
Hab zwar kein Abo, konnte es trotzdem öffnen.
Trotz Vogelgrippe: Bündnis will gegen Stallpflicht klagen
Zwölf Tierhaltungen in MV von H5N8 betroffen / Experten: Nie gekanntes Ausmaß
Artikel veröffentlicht:00:00 Uhr08.12.2016
Greifswald. Die Vogelgrippe hat sich zur Pandemie unter Wildvögeln ausgeweitet. Mit Europa, Asien und Afrika seien bereits drei Kontinente von der Geflügelpest betroffen, teilt das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems mit. In Deutschland habe die Zahl infizierter Vögel in Wildbeständen, Nutztierhaltungen und Zoos „ein nie zuvor gekanntes Ausmaß angenommen“. Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) sieht daher auch einen Monat nach dem ersten Geflügelpest-Nachweis im Land keinen Anlass zur Entwarnung. Im Gegenteil.
„Jeden Tag erreichen uns neue Fälle.“ Besorgniserregend sei vor allem die hohe Viruslast bei Wildvögeln, so der Minister. Auch wenn die Herkunft des Erregers bisher nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte, sei unbestritten, dass er insbesondere in Wildvogelpopulationen grassiere.
Bei landesweit mehr als 160 Wildvögeln sowie in zwölf Nutztierbeständen ist H5N8 mittlerweile nachgewiesen worden. Rund 750 Stück Hausgeflügel wurden vorsorglich getötet. Die Tierparks in Sassnitz auf Rügen und in Ueckermünde hatten schließen müssen, nachdem in beiden Einrichtungen infizierte Vögel gefunden worden waren. Der Tierpark Ueckermünde hat seit Dienstag wieder für Besucher geöffnet.
Große Tierbestände seien bislang vom H5N8-Virus verschont geblieben, sagt Backhaus. „Für mich ganz klar ein Erfolg des Aufstallungsgebots“. Das soll weiterhin landesweit gelten. „Mir ist bewusst, dass diese Maßnahme nicht überall auf Gegenliebe stößt. Am Ende des Tages ist es aber unsere Pflicht und Verantwortung, die Ausbreitung des Virus unter allen Umständen zu verhindern.“ Backhaus fordert erneut eine bundesweite Stallpflicht. Andernfalls würden der deutschen Geflügelwirtschaft erhebliche Schäden drohen. Mit Verlusten müsse die Branche ohnehin rechnen, weil Länder wie Japan, Israel und Korea die Geflügeleinfuhr aus Deutschland verboten haben, sagt Silvia Ey, Geschäftsführerin des Geflügelwirtschaftsverbandes MV. Heimische Kunden hätten hingegen weniger Bedenken. „Sie sehen es als höhere Gewalt an, so dass wir derzeit nicht von Kaufrückgängen im Weihnachtsgeschäft ausgehen.“
Gegen pauschale Stallpflichten regt sich indes Widerstand. Das Aktionsbündnis Vogelfrei (AVF) will noch vor Weihnachten Musterklage gegen eine entsprechende Verordnung einreichen. „Wir werden das im Rheinland oder Niedersachsen tun. Ein Geschenk für unsere Tiere, die wir jetzt alle, aus staatlichem Zwang heraus, mit eigener Hand quälen müssen“, sagt Bündnissprecher Mathias Güthe. Das AVF wolle die Lobby der Massentierhalter daran hindern, die Vogelgrippe zu instrumentalisieren und damit die Stallhaltung zur Regel zu machen. Mehr als 200 Unterstützer bundesweit haben dem Bündnis bis dato rund 11000 Euro für anfallende Anwaltskosten gespendet. Güthe und seine Mitstreiter – Naturschützer, Kleinhalter und Hobbyzüchter – stellen auch die Unabhängigkeit des FLI infrage. Die Risikoeinschätzung und die Verhältnismäßigkeit der von dem Bundesinstitut empfohlenen Maßnahmen seien angesichts dessen Nähe zur Industrie zweifelhaft, behauptet das Bündnis.
In MV gibt es rund 41600 Geflügelhaltungen mit fast 14,5 Millionen Tieren. Diejenigen von ihnen, die aufgrund der Seuche ihre Bestände keulen mussten, werden vom Land und der Tierseuchenkasse zu hundert Prozent entschädigt – sofern sie ihre Tiere bei den zuständigen Behörden gemeldet hatten.
In Deutschland ist der H5N8-Erreger erstmals vor einem Monat am Bodensee und in Schleswig-Holstein entdeckt worden. Inzwischen sind 13 Bundesländer und zudem zwölf europäische Staaten sowie die Länder Indien, Iran, Israel, Tunesien und Ägypten betroffen.
Antje Bernstein
Lesezeichen