Nachdem mit nun endlich wieder mein PW eingefallen ist ('Stichwort Groß- und Kleinschreibung), kann ich endlich hier die Protokolle vom Symposium in Herne einstellen.


Protokoll des Vortrags von Hr. Dr. Peter Petermann auf dem Symposium ‚H5N8 - Veterinäre, gefangen zwischen Wissenschaft und Politik‘ in Herne, am 11.03.2017

Der Ornithologe Dr. Peter Petermann vom WAI, der schon seit 2006 begründete Zweifel an der 'Wildvogeltheorie' zur Verbreitung der Vogelgrippeviren hegt, startet seinen Vortrag gleich mit einem echten Knaller, denn er legte die Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen 'Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Hinweise, die Zweifel an der vom Friedrich-Löffler-Institut (FLI) vorgelegten Verbreitungstheorie (Wildvogeltheorie, Anmerkung der Autorin) aufwerfen' vor:
'Der Bundesregierung liegen Veröffentlichungen vor, die die primäre Ausbreitung von Geflügelpest über Nutzgeflügel postulieren.'
Das ist unglaublich, wenn man bedenkt, dass Rassegeflügel aufgrund der Wildvogeltheorie in ungeheuerlicher Zahl auf Weisung vom BMEL und den untergeordneten Behörden (Landesministerien, Landkreisen) bislang unnötig eingesperrt und wie viele 1000e Tiere (nicht nur) an Wirtschaftsgeflügel vorsorglich getötet wurden.
Dr. Petermann zeichnete die Informationsquellen auf, die die Daten zur Vogelgrippe sammeln: die Tierseuchenbehörde OIE in Paris, das Tierseuchen-Informations-System (TSIS) und die Risikoeinschätzung des FLI, Gen-Datenbanken wie GISAID (Global Initiative on Sharing All Influeza Data) und GenBank, das EU Monitoring zu Aviärer Influenza, ScoPaFF-Berichte, die UNO Handelsstatistik COMTRADE u.a.
Viele der TSIS und GISAID Angaben, die dort publiziert werden, sind falsch, die Angaben mangelhaft, ungenau, unwissenschaftlich, unsystematisch, irrelevant oder suggestiv. Dennoch finden sie bei der Risikobewertung immer noch Berücksichtigung.
Dr. Petermann referiert über die Vogelgrippeviren, die mit HxNx benannt werden. H steht für Hämagglutinin (es gibt H1-H16) , N für Neuraminidase (N1-N9).
Die LPAI, die niedrig pathogenen Aviären Influenzaviren, die ihren Wirt im Allgemeinen nicht schädigen, kommen relativ häufig vor, betreffen sowohl Wildvögel, als auch Geflügelhaltungen.
Die HPAI, die hoch pathogenen Aviären Influenzaviren hingegen, kommen fast ausschließlich in der intensiven Tierhaltung (Massentierhaltung) vor, und sind im Allgemeinen für die Tiere oft tödlich. Zu den HPAI zählen vor allem die Subtypen H5 und H7. In der aktuellen Vogelgrippesaison handelt es sich um H5N8.
Die Übertragung der Viren von Tier zu Tier geschieht bei Freilandhaltung vermutlich über die Nahrungsaufnahme, bei Stallhaltung auch über das Wasser und die Atemluft. Nach einer Inkubationszeit von Stunden bis wenigen Tagen erkranken die Tiere, nach kurzer Krankheitsdauer kommt es zum Tod oder nach wenigen Tagen zur Genesung der Tiere, die dann auch keine Viren mehr ausscheiden.
Während die Seuche im letzten Jahrhundert durch Keulung immer restlos ausgerottet wurde, wird das Virus, seit 2003 Geflügel in China, Indonesien, Vietnam und Ägypten geimpft wird, latent dauerhaft erhalten und weiterverbreitet. Während die geimpften Tiere nicht erkranken, verbreiten sie das Virus unbemerkt weiter unter dem Schirm des Impfschutzes. Seitdem kam es auch häufig zu Mutationen und Rekombinationen der Viren.
Die Geninformation des Grippevirus ist recht gering, das Virus besitzt nur 8 Segmente, ein Austausch von Segmenten ist bei gleichzeitiger Infektion mit 2 Virentypen möglich (Rekombination).
Punktuelle Mutationen in den RNA-Strängen (Segmenten) treten regelmäßig auf, anhand dessen lässt sich die Verwandtschaft der Viren gut belegen (Gensequenzen).
Während beim aktuellen Geflügelpestgeschehen die Geflügelpestfälle weltweit zunehmen, lässt sich gleichzeitig ein Rückgang vieler Wildvogelbestände verzeichnen, auch bei den Zugvögeln. Der internationale Geflügelhandel wächst, dabei zentriert sich der Handel auf einige wenige große Betriebe mit zentralen Schlachthöfen. Und das alles im Kampf der EU und der USA um die asiatischen Märkte, bei gleichzeitig steigenden EU-Exporten von Lebendgeflügel (Quelle: Comtrade).
Wir haben nun zwei sich widersprechenden Hypothesen:
1. Wildvögel bilden ein Reservoir für HPAI-V, Zugvögel verbreiten die AI-V weltweit, Wildvögel von Stall zu Stall.
2. Die Geflügelpest wird endemisch durch Impfungen (tritt dauerhaft gehäuft in begrenzten Regionen auf), die Viren werden indirekt durch Menschen verbreitet, entscheidende Faktoren sind sowohl Betriebsabläufe als auch der interkontinentale Geflügelhandel, Wildvögel sind das Opfer.
die entscheidend sind für die Bekämpfungsstrategie. Stallzwang und Impfung, oder, Kontrolle von Geflügelkonzernen, Schlachthöfen und Exporten.
Die Hypothese, dass Wildvögel ein Reservoir für HPAI bilden, und die Viren dadurch endemisch werden, hat sich anhand eines EU- und weltweiten Monitorings nicht bestätigt: H5 Linien verschwanden nach kurzer Zeit, während der Brutzeit in Sibirien konnten keine Viren nachgewiesen werden.
Dass HPAI-Viren von Zugvögeln regelmäßig verschleppt werden, konnte anhand der Fallbeispiele von Ägypten und Russland widerlegt werden: während H5N1 in Ägypten in den Wildvogelpopulationen seit dem 17.02.2006 nachweislich endemisch ist, gab es keine Folgen für den Vogelzug.
2014 wurde H5N8 aufgrund des Gelfügelhandels von Süd-Korea nach Europa durch Frachtflüge eingeschleppt, während man auf der Hauptflugroute sibirischer Wasservögel H5N8 nicht nachweisen konnte.
Nachdem das Virus zuerst aus der VR China nach Südkorea eingeschleppt wurde, zirkulierte es zunächst unentdeckt in Hausentenbeständen. Nach Keulung eines Großteils der Tiere entspannte sich die Lage vorerst zum Sommer hin, bis man Hausenten-Eintagsküken aus Europa (England und den Niederlanden) und später Hühner-Eintagsküken aus den USA importierte. Die Rolle der Cherry Valley Farms in England war vorerst ungeklärt. Vermutlich wurden die Viren von dort aus zunächst nach Holland, später in die USA eingeschleppt. Die Viren zirkulierten völlig unauffällig, bis sie in Putenhaltungen in Deutschland (Heinrichswalde) und Kanada (British Columbia) eingeschleppt wurden.
Schon 2014 versuchte man entgegen der Nachweise der Zusammenhänge zwischen den Handelsrouten und der Ausbreitung von H5N8 , die Verbreitung der Viren mit Hilfe der Wildvogelthese zu erklären, und das, obwohl anhand der Gensequenzen eindeutig ein Zusammenhang zwischen der Lieferung von Eintagsküken (Hausenten und Hühnern) Mitte des Jahres aus NL und UK nach Südkorea aufgezeigt werden konnte. Das gleiche gilt für die Lieferung von Hühnern-Eintagsküken aus den USA im Hochsommer 2014.
2016 wurde H5N8 erneut nach Europa eingeschleppt, dieses Mal wieder aufgrund des Gelfügelhandels von China nach Europa durch Frachtflüge. Zuerst erfolgte nach Zirkulation des Virus in Ost-China eine Verschleppung der Viren zum Uvs Nuur See in der Mongolei und zum Quinghai-See in China im Mai 2016, und im Oktober 2016 nach Indien und Ungarn. Am 19.10.2016 erfolgte der erste Nachweis bei einem Höckerschwan in Ungarn.
Wieder gab es keine Nachweise von H5N8 in Sibirien und auf der Hauptflugroute sibirischer Wasservögel nach Europa / Deutschland.
Nachdem H5N8 im Oktober 2016 in Ungarn erstmalig nachgewiesen wurde, gelangte es über Ungarisches Importgeflügel direkt nach Polen (56%), Österreich(27%) und Deutschland (16%). Von Polen gelangten Teile des Geflügels auch noch nach Deutschland. Bulgarien, Rumänien, Slowakei und Italien stellen mit 1% Importquote ungarischen Geflügels nur eine Randgruppe dar. Importiert wurden ausschließlich Tiere über 185 g Gewicht, also keine Eintagsküken. (Quelle: Comtrade) PHW/Wiesenhof ist zu 50% an dem großen, ungarischen Entenmästerbetrieb Bacs Tak beteiligt.
Die weitere Verbreitung der H5N8 Viren ins Freiland erfolgte in Polen, in der Nähe zu Hühnerschlachthöfen von Dobrimex (Tochterfirma der PHW-Gruppe / Lohmann & Co. AG, ‚Wiesenhof + Bruzzzler‘)
Doch welche Unterschiede gibt es bei H5N8 im Vergleich der Grippewelle 2014/2015 und 2016/2017? Während das FLI fälschlicherweise vermutet, dass H5N8 zu einem gefährlicheren Virus mutiert ist, gibt es einen objektiven Unterschied. 201472015 beschränke sich H5N8 auf einen Betrieb: die Cherry Valles Farms in England, während sich das Virus 2016/2017 innerhalb der Geflügelwirtschaft schneller und weiter verbreitete (PHW-Gruppe, Kartzfehn) und in der Folge auch mehr Kleinhaltungen und Wildvögel betroffen waren. Von 84 getesteten Wildvögeln waren 46 positiv auf H5N8: 27 Reiherenten, 8 Höckerschwäne, 4 Mantelmöwen, 4 Sturmmöwen, 1 Lachmöwe, 1 Mäusebussard, 1 Eiderente. Erster Fund war eine Reiherente in Copenhagen am 10.11.2016.
Betrachtet man die Straßenkarte im Vergleich mit allen offiziellen H5N8 Nachweisen des FLI in Deutschland, so erkennt man eine Ansammlung aller Fälle längs von Autobahnen, respektive der Handelsrouten. Besonders signifikant stellt sich die Lage in Süddeutschland dar.
Während zum Ende des Jahres 2016 bei den Wild- und Parkvögeln hautsächlich Wildenten betroffen waren, änderte sich das Spektrum der H5N8 positiv getesteten Vögeln hin zu Aas- und Fischfressern, im Februar 2017 waren primär Parkvögel betroffen. Die Zahlen insgesamt sind rückläufig.
Bei den Geflügelhaltungen änderte sich der Befall mit H5N8 von anfänglich Kleinhaltungen Richtung kommerzielle Massentierhaltung, und immer wieder waren auch Zoos betroffen. Hier steigen die Fallzahlen.
Beim Verlauf der H5N8 Epidemie befand sie die Anzahl der betroffenen Schwäne Anfang Februar auf dem Höhepunkt mit 30 Tieren / Wochen.
In Bulgarien kam es am 19.12.2016 zu ersten Ausbrüchen nach Import von Eintags-Entenküken am 05.12.2016 von Ungarn. Insgesamt waren 9 Regionen betroffen, davon 49 Wirtschaftsbetrieben (47 Entenfarmen und 2 Legehennenbetrieben), sowie 10 Privathaltungen.
Zusätzlich zu diesen Fällen wurden am Flughafen in Frankfurt 7500 gesunde ‚Eintagsküken‘ getötet, weil sie die max. Transportdauer von 72 Stunden, in der sie sich von ihrem Dottersack ernähren, überschritten hatten, nachdem die Einreise der in Ungarn geschlüpften Küken in Turkmenistan verweigert wurde, und sie deshalb zurück nach Frankfurt geflogen werden mussten.
Betrachtet man nun alle Fakten, kann man folgendes Resümee ziehen:
Flugrouten und Zugwege der Wildvögel korrelieren weder zeitlich noch räumlich mit der Vogelgrippe, weder 2005-2007 bei H1N1, noch 2014-2016 bei H5N8. Fliegen Zugvögel aus Infektionsgebieten in andere Regionen, so tritt dort kein HPAI auf (z.B. Arktis, Nordindien, Australien). Geflügelpest stoppt vor Ländergrenzen, wird jedoch zwischen Handelspartnern verbreitet (östl. Asien, Türkei, Europa). HPAI tritt primär in den Zentren der Geflügelwirtschaft auf, und nicht dort, wo sich Zugvögel konzentrieren. Bisher existiert kein Nachweis der Übertragung von HPAI von Wildvögeln auf Geflügel, jedoch tritt die Geflügelpest immer wieder in geschlossenen Haltungssystemen mit Biosecurity Maßnahmen auf.