Ich habe die Freigabe von Dr. Irmler, auch seinen eigentlichen Brief zu verwenden und zu veröffentlichen - er gehört zu der Präsentation:
Von: Ingo Irmler
Betreff: HPAI H5N8 in Baden-Württemberg
Sehr geehrter Herr Kretschmann,
sehr geehrter Herr Palmer,
sehr geehrte Mitglieder der Landtagsfraktionen
sehr geehrte Vertreter der Presse,
sehr geehrte Tier- und Umweltschutzverbände,
sehr geehrte Rassegeflügelzüchter,
sehr geehrte Kreisveterinäre
zu Schulzeiten hatte mein Biologie-Lehrer (er hieß Winfried
Kretschmann) keine Scheu, jene Dinge beim Namen zu nennen,
über die andere Lehrer nicht gesprochen haben. Meines
Erachtens sollte dies auch bei staatlicherseits verursachten
Missständen gelten.
Obwohl das Auftreten von HPAI H5N8 in Baden-Württemberg
sehr eng auf den Raum Bodensee begrenzt war, wurde am
17.11.2016 vom Ministerium für Ländlichen Raum und
Verbraucherschutz (MLR) eine landesweite Aufstallung für
Geflügel angeordnet. Trotz engstem Kontakt hunderttausender
Wildvögel untereinander war das Seuchengeschehen am
Bodensee bereits nach vier Wochen aus natürlichen Ursachen
deutlich zurückgegangen und ist mittlerweile nahezu völlig
zum Erliegen gekommen.
Hintergrund der aktuell durchgesetzten
Aufstallungs-Anordnung sind Einschätzungen durch das MLR,
die nicht der Datenlage entsprechen und die Überlegung,
dass Wildvögel und ihre Ausscheidungen für die Verbreitung
von Hochpathogener Aviärer Influenza (HPAI) verantwortlich
sind. Diese - 10 Jahre nach H5N1 immer noch unbewiesene -
Hypothese ist entweder falsch oder greift als
Erklärungsansatz für die HPAI-Problematik zumindest viel
zu kurz. Bereits 2006 kam die Europäische Kommission zu der
Einschätzung, dass die HPAI nicht von Wildvögeln stammt,
sondern sich in Intensiv-Geflügelhaltungen entwickelt
(2006/437/EG).
Unabhängig davon wurde von den Experten des Environment
Programme der Vereinten Nationen (UNEP) und der Ernährungs-
und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)
zum aktuellen Geschehen am 20.12.2016 ein Statement
veröffentlicht, das die Verbreitung von HPAI H5N8 mit der
Intensiv-Geflügelhaltung und den daraus resultierenden
Transporten und Marketing-Strukturen assoziiert, nicht aber
mit Wildvögeln (im Anhang). Es besteht wissenschaftlicher
Konsens, dass hochpathogene Aviäre Influenza nicht in
Populationen von Wildvögeln oder in Kleingeflügelhaltungen
entstehen kann, sondern die Bedingungen der
Intensiv-Geflügelhaltung benötigt.
Die Stallpflicht geht somit als Maßnahme nicht nur nicht in
die richtige Richtung, sie ist aufgrund ihres Widerspruchs
zu artgerechter Tierhaltung (Tierschutzgesetz §2)
tierschutzrechtlich fragwürdig und es ist bis dato unklar,
ob sie das Risiko eines Eintrags in einen Bestand wirklich
wirksam minimiert. Ein Beispiel hierfür ist das Geschehen
in Niedersachsen in den Kreisen Cloppenburg und Oldenburg,
wo es insgesamt nur einen einzigen HPAI H5N8-positiven
Wildvogel-Fund gibt, dafür aber trotz Stallpflicht und
Biosicherheitsmaßnahmen HPAI H5N8 in mittlerweile fast
einem Dutzend Putenmastanlagen. Aber auch am Bodensee hatte
vor Anordnung der Stallpflicht bereits ein großer Teil des
Seuchengeschehens stattgefunden, ohne dass sich ein Eintrag
von HPAI H5N8 in Freilandhaltungen ergeben hätte.
Ich möchte Sie hiermit bitten, sich die beigefügte
Präsentation zu der Problematik anzuschauen und die HPAI
H5N8-Thematik und den Umgang damit öffentlich zu
diskutieren. Es ist anzunehmen, dass das MLR die
Stallpflicht trotz ihrer erheblichen negativen Auswirkungen
auf die Tiere Ende Januar selbst ohne konkrete Seuchengefahr
landesweit verlängern wird. Dabei zeigt gerade der jüngste
Fall beim RGZV Wörth, das auch Entscheidungen mit Augenmaß
möglich sind.
Noch wichtiger aber ist eine ergebnisoffene Diskussion und
Untersuchung der Verbreitungsmechanismen von HPAI, so dass
Maßnahmen entwickelt werden können, die die Risikofaktoren
für die Entstehung von HPAI in der Intensiv-Tierhaltung
minimieren. Seit H5N1 im Jahr 2005 wurden diesbezüglich
keine wirklichen Fortschritte erzielt. Dabei ist mit hoher
Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass in absehbarer Zukunft
humanpathogene Erreger-Stämme wieder auftreten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ingo Irmler
Diplom-Biologe
DIE PRÄSI FINDETMAN HIER: https://www.aktionsbuendnis-vogelfre...u-latest-news/
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