Liebe Hühnerfreunde,
In zahreichen Beiträgen kann man Interessantes und Kontroverses über Tiefenstreu oder "Deep Litter" , "deep beding "oder "built up litter" erfahren:
http://www.huehner-info.de/forum/sho...+litter+method
http://www.plamondon.com/faq_deep_litter.html
Anhang 133853
http://www.dein-bauernhof.de/das-tie...all/index.html
https://www.youtube.com/watch?v=_jk8SbimIgE (in diesem Film kann man die unterschiedlichen Rotteschichten sehr gut erkennen)
Viele Hühnerhalter misten ihre Ställe regelmäßig, z.B. wöchentlich aus, um ihren Tieren eine hygienische Unterkunft zu bieten.
Demgegenüber steht ein Verfahren, bei dem eine mindestens 10-30 cm hoch Einstreu langfristig im Stall bleibt und immer wieder durch neue trockene Streu ergänzt wird. Ein Verfahren, das Früher wohl verbreiteter war, dann aber, vielleicht aufgrund der höheren Wirtschaftlichkeit der Käfighaltung (http://www.tandfonline.com/doi/abs/1...nalCode=cbps20) in Vergessenheit geraten ist.
Aufbau:
Unter einer eher trockenen Oberfläche, die aus allen üblichen Streumaterialen (Holzspähne, Rindenmulch, Torf, Erde, Kompost, Sand, Laub, Koniferennadeln, Asche, Maiskolbenschnitzeln, gehäckselte trockene Abfälle ungiftiger Pflanzen...) bestehen kann, befindet sich im Laufe der Zeit eine zunehmend tiefere Streuschicht die langsam zu Humus kompostiert, was umso besser gehen soll, je tiefer die Schicht ist. Daher wird erst ausgemistet, wenn anderen Umstände (z.B. Düngerbedarf) eine Teilräumung sinnvoll machen.
Vorgänge:
Nachdem im oberen Teil der Streu, Austrocknung zu einer Art Mumifizierungsprozess zu führen scheint, werden die dadurch spröde werdenden Kotteilchen z.B. durch das Scharren der Tiere in immer kleinere Teilchen zerrieben. Man kann beobachten, dass sie durch Lücken in der Streu nach unten sinken, oder als Staub in die Luft steigen.
Viele Halter und auch wissenschaftliche Untersuchungen berichten von Voreilen der Methode für das Stallklima, die Gesundheit, den Ernährungszustand, das allgemeine Wohlbefinden der Tiere, und den geringeren Arbeitsaufwand für den Halter.
Man kann also vermuten, dass es im Tiefenstreu biochemische Prozesse gibt, die für diese Vorteile verantwortlich sind.
Um der Beantwortung dieser Frage näher zu kommen, würde ich einerseits gerne Erfahrungen mit dieser Umfrage zusammenfassend quantifizieren und andererseits eine Hypothese zur Wirkung der Tiefenstreu zur Diskussion stellen:
Hypothese zu den Biochemischen Hintergründen:
Was im Tiefenstreu passiert, ist ähnlich wie das, was auf jedem Waldboden passiert, der ja auch nicht wöchentlich ausgemistet werden muss um gesund zu bleiben. Dem höheren Tieraufkommen im Stall wird lediglich durch eine dickere Humifizierungsschicht Rechnung getragen.
Es könnte dabei Folgendes passieren:
Wenn kohlenstoffhaltige Substrate einem feuchten Milieu ausgesetzt werden, bilden sich häufig organische Säuren (z.B. im Roggenteig der zu Sauerteig wird, im Weißkohl der zu Sauerkraut wird, im Wein der zu Essig wird, im Rinderfutter das zu saurer Silage fermentiert, im Moos dass unter Bildung von Huminsäuren in Torf übergeht...), bis das Milieu so sauer ist, dass die Mikroorganismen nicht mehr arbeiten können, weil der pH-Wert zu niedrig ist.
Demgegenüber gibt es in der Natur auch Prozesse bei denen Stickstoffhaltige Verbindungen, z.b. Harnsäure, Harnstoff, Eiweisse... abgebaut werden. Ein Zwischenprodukt dieses Abbaus ist das stark riechende Ammoniak, dass auch z.B. für den Geruch von Jauche mitverantwortlich ist.
Ammoniak ist ein sehr gut wasserlösliches Gas, das ab gewissen Konzentrationen giftig ist (MAK 14 mg/qm Luft) und Wasser alkalisch werden lässt, also den pH-Wert steigen lässt.
Der Grund für die geruchsneutralisierende Wirkung der Streu könnte also sein, dass das alkalische Ammoniakgas sich weitgehend in der Feuchtigkeit löst, die es auch noch in relativ trockener Streu gibt, wo es dann von organischen Säuren neutralisiert und anschliessend mit Sauerstoff weiter zu geruchlosen Substanzen abgebaut wird. Da Untersuchungen ergeben haben, dass es dennoch über Tiefenstreu gewisse Mengen freien Ammoniaks gibt, könnte dieser auch dafür verantwortlich sein, dass bestimmte Krankheitskeime und Parasiten in ihrer Entwicklung gehemmt werden.
Da der Ammoniak, wie oben beschrieben, organische Säuren neutralisiert, müsste er einen anregenden Effekt auf den säurebildenden Rotteprozess haben, wobei gleichzeitig eine Stickstoffquelle düngende Wirkung auf das Wachstum der Rotteorganismen (z.B. Pilze und Bakterien) haben dürfte. Denkbar wäre ferner, dass die Entstehung einer solchen Destruenbiozönose hemmende Wirkung auf Krankheitserreger und Parasiten hat, so dass sich z.B. Küken mit abgeschwächten oder nur in geringer Zahl auftretenden Erregern (z.B. Coccidose) immunisieren können. Dies würde erklären, warum die Sterblichkeit von Küken auf Tiefenstreu geringer ist, als in regelmäßig gereinigten Ställen.
Möglich wäre, dass das Streu mehr organische Säuren freisetzen, als der Rotte-Ammoniak neutralisieren kann. Dies würde einerseits den beschriebenen positiven Effekt von basischem Löschkalk auf das einige Wochen alte Streu erklären, anderseits nahelegen, dass es nicht sinnvoll oder erforderlich ist, mit Kotbrettern den Stickstoffeintrag zu mindern.
Zu viel Nässe im Streu wird als Problem angesehen, dass man durch Nachstreuen trockenen Materials beheben kann. Da Vogelmist jedoch viel trockener ist als z.B. Schaf, Rinder oder Schweinemist, bei denen auch Tiefenstreuhaltung bekannt ist, wäre es umgekehrt auch denkbar, dass bei geringen Besatzzahlen im Tiefenstreu nicht die Feuchtigkeit vorhanden ist, die zu einer Stallrotte erforderlich ist, so dass der Prozess beim "mumifizierenden Zerkrümeln" des Mists stehen bleibt.
Wenn letztere Annahme zutrifft, müssten extrem trockene Ställe eigentlich von einer Anfeuchtung durch Wasser profitieren, ähnlich wie auch zu trockene Böden durch gelegentliches Giessen profitieren, wobei man durch eine Vergrößerung der Schichthöhe im oberen Bereich wieder für trockene (und rottewarme) Verhältnisse für die Hühner sorgen könnte.
Hierbei wäre aber der oft geforderten guten Lüftung des Stalls Beachtung zu schenken.
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