Hähne dürfen Menschen nicht angreifen und gehören ansonsten in den Suppentopf. Aber in Deiner Beschreibung habe ich nicht herauslesen können, dass es sich um einen von Natur aus aggressiven Hahn handelt. Für mich stellt es sich so dar, als ob der Hahn einen guten Job im Beschützen seiner Hennen macht.
Ein Hahn ist nicht automatisch der Boss in der Gruppe. Zu Beginn muss sich dieser junge Mann auch erst den Respekt seiner (Alt-)Hennen erkämpfen. Das gelingt nach einiger Zeit, weil Größe für Hühner entscheidend ist. Dann ist nur die Rangfolge geregelt, aber die Zuneigung ist nicht automatisch gesichert. Und es gibt eben auch Hennen, die den Hahn nicht mögen, aber in Ermangelung einer Alternative mit dem Hahn vorlieb nehmen müssen. Die Zuneigung erringt der Hahn nur dann, wenn er einen guten Job macht - Futter anzeigt, Streitigkeiten unter Hennen schlichtet und die Verteidigung übernimmt. Dann gibt es da diesen Menschen, der ganz anders aussieht als der Züchter und ab und an sich den Hennen nähert. Nach drei Monaten hat der Hahn Dich noch nicht als Betreuer erkannt, sondern sieht in Dir einen Konkurrenten. Da büchsen drei Hennen aus und laufen auf der anderen Seite des Zauns, wo Hahn nicht hin kommt (schlecht, ganz schlecht). Dann kommt der Mensch und schnappt sich die Hennen. Kein Wunder, dass das dem Hahn nicht gefällt. Und zum Schluss wird die Gießkanne zum Verdreschen eingesetzt.
Ich habe schon einige Hähne gehabt und alle waren anders gepolt. Mit dem Orpingtonhahn konnte ich ab dem ersten Tag kuscheln. Dann kam der New Hampshire Hahn und war äußerst misstrauisch. Hennen liefen auf dem Hof herum und ein Greifvogel tauchte über dem benachbarten Feld auf. Hahn läuft zu mir und meckert. Ich dreh mich um und werfe Steine in die Richtung, in der Greifvogel (weit außer Reichweite) seine Runden dreht. Hahn ist zufrieden, teilt dies befriedigt mit und seit dem kein Misstrauen mehr. Ich konnte im Stall und Auslauf machen was ich wollte. Der Hahn wusste, dass ich Futter bringe und sauber machte und mich für seine Hennen nicht interessiere.
Hühner regeln einen großen Teil der Kommunikation mit Lauten, geht schon beim Schlüpfen mit Gepiepse im Ei los. Als Betreuer solltest Du Dich mit den Hühnern unterhalten. Beim Betreten des Stalls und beim Annähern beim Auslauf grüße ich die Hühner und bevor das Ausmisten losgeht teile ich den Hühnern mit, dass ich jetzt sauber mache. Oder bevor ich Futter auffülle frage ich nach ob sie auch Hunger haben. Weil das immer die gleichen Sätze sind, wissen die Hühner auch, was jetzt als nächstes ansteht. Und im Sommer nehme ich mir einen Stuhl und ein Buch und setze mich in den Stall oder in den Auslauf und lese eine halbe Stunde. Da kriegen auch die Neuen mit, dass ich irgendwie dazu gehöre und keine Gefahr von mir ausgeht. Und wenn die Hühner Auslauf haben, dann gibt es extra Regenwürmer, aber ich biete sie dem Hahn zuerst an.
Dein Hahn verdient nicht den Suppentopf, sondern mehr Zuneigung und vertrauensbildende Maßnahmen. Sollte sich dies in einem halben Jahr nicht ändern und ´weiterhin Angriffe von ihm erfolgen, dann ist immer noch Zeit für den Suppentopf. Bis dahin würde ich ihm eine Chance geben - schon allein deshalb, weil er sehr wahrscheinlich Fressfeinden, wie Greifvögeln Paroli geben wird.