Wo bin ich denn Tiermordbekämpfer?
Ich bin bloß der Ansicht, dass Hybridhähne genau so lecker sind wie alle anderen auch, und dass die, wenn die Kundschaft mal von ihrem hohen Ross runterkäme, genau so gutes Fleisch geben, wenn auch weniger, als Mast- oder normale Tiere... Sterben müssen sie sowieso, da führt kein Weg dran vorbei.
Was nur Schiete ist, dass es eben die frisch geschlüpften Küken sind, nur weil es Hähne sind...
Auf das Argument Ökologie kann man getrost pfeifen, in Westdeutschland ist eh kaum noch Natur, die man vernichten könnte, die letzten 70 Jahre waren da schon effektiv genug, und sind es bis heute, wo immer noch fröhlich flurbereinigt wird, obwohl sich das Weltbild eigentlich langsam mal ändern sollte... Die Böden sind eh schon auf Jahrzehnte hoffnungslos überdüngt und die Flüsse als Laichgebiete für Lachs, Stör und Co. verloren, also kommt es nüchtern gesehen auf die paar tausend Bruderhähne nun auch nicht mehr an...
Ökonomie wäre ein anderes Stichwort, aber auch das ließe sich leicht relativieren, wenn die Konzerne nicht immer höhere Millionengewinne pro Quartal oder Jahr einfahren wollen würden. Würden sich die großen Zampanos mal ein bisschen mässigen, und müssten nicht immer den neuesten dicken Benz fahren oder Enkelin zum 18. 'nen 8er BMW oder dem Enkel 'nen Porsche Cayenne vor die Tür stellen, oder ihrer ebenso strunzdummen wie völlig arroganten Ehe- Alten dreimal im Jahr eine zweiwöchige Kreuzfahrt auf einem 7 Sterne- Pott kredenzen, würde die Sache schon ganz anders aussehen.
Schon könnte ein großer Teil der Gewinne in tiergerechtere Haltung fliessen, schon wären auch so "unwirtschaftliche" Sachen wie Bruderhähne mehr im Fokus des machbaren... Oder würden die Bauern mehr für ihre Arbeit bekommen, und sie könnten bei der Sache auch wieder ein bisschen mehr Mensch sein.
Und ich kenne ein gutes Beispiel dafür, wie hoch die Rösser werden können, wenn charakterlich völlig ungeeignete Menschen in Führungspositionen kommen!
So habe ich in Berlin mal bei der Tierbedarfskette mit dem gelben Hund gearbeitet, und hatte die Entwicklung dieser Franchisekette in Berlin von Anfang an gut mitverfolgen können.
Ganz am Anfang sahen die Läden aus wie irgendwelche Hillbilly- Landhandelläden. In den Volieren saßen durchaus mal Zwerghühner zum Verkauf, nebenan die Minischweine, die auch regelmäßig Ferkel hatten, die dann verkauft wurden. Das Konzept des Supermarktes für Tiere kam richtig blendend an in einer Stadt, wo bis dahin noch die kleinen privat geführten Zoogeschäftchens an der Tagesordnung waren (die daraufhin natürlich alle sukzessive den Bach runtergingen...), und binnen ganz weniger Jahre expandierte die Kette in Berlin, der Kuhladen- Flair verschwand, alles wurde immer moderner und bedarfsorientierter.
Im Jahr 2002 fing ich dann da an, mitten im Umstellungsprozess, im Zuge der Gewinnoptimierung von Festangestellten auf Teilzeitkräfte umzusatteln. Weniger Kosten, ergo mehr Gewinn...
Als dann schließlich eines Tages wirklich nur noch der Lager- Mann und der Marktleiter Vollzeit- Stellen hatten, kam eines Tages Chefchen vorgefahren. Und stieg mit fetter Kuba- Zigarre in der Kauleiste aus einem brandneuen Lamborghini. Der war zwar nur gemietet, aber alleine dieser Auftritt zeigte ganz exemplarisch, wie es heutzutage läuft in der Wirtschaft, wer profitiert und wer nicht...
Ich musste zu dem Teilzeitgehampel da ergänzend Hartz 4 beziehen, denn die versprochene Festanstellung kam natürlich niemals (...), von anfänglich 6 Vollzeitbeschäftigten blieben nachher nur zwei, und die vier gegangenen Vollen ersetzten 3 Teilzeitkräfte. Und es wurde nicht etwa die Tierhaltung optimiert durch die höheren Gewinne...
Nein, der Laden wurde noch weiter vereinfacht, das Sortiment verringert, und die Tiere noch dazu, die nun halt nicht mehr von Cracks gepflegt wurden, sondern nur noch von irgendwelchen meist knapp nicht mehr jugendlichen HiWi's, die halt Hasis, Mausis und Meerschweinis süß fanden...
Und so kam es, dass wir teilweise nachmittags bis um 22 Uhr nur zu viert in einer 2000 m²- Filiale waren. Einer an der Kasse, einer in Terraristik/ Aquaristik, einer bei den Vögeln und Nagern, plus der Marktleiter, der aus seinem Büro nur rauskam, um dann abzuschließen...
Und das alles für 500 € netto im Monat, damit der Big Boss sich einen Lambo für 250 € am Tag mieten kann und mit dem fetten Havannastumpen im Konterfei zeigen kann, wie der Hase in Deutschland zu laufen hat...
In die Belegschaft investieren, die die ganze Chose überhaupt am laufen hält? In die Tiere investieren, die ein wichtiger Einnahmezweig sind? Haha, Pustekuchen! Lieber alles auf's Konto des Konzerns, damit die Handvoll Figuren da oben einen auf dicke Hose machen kann!
Und genau darum werden auch nach wie vor Hahnenküken zu x- Millionen vergast und gemust (ob nun gemust oder geschreddert ist doch eigentlich Jacke wie Hose...). Weil keiner der ohnehin schon fett genug seienden oberen 100 auch nur einen einzigen Cent nachgeben will und immer nur den optimalen persönlichen Vorteil sucht!
Grüße,
Andreas
PS: Ich habe deswegen sogar sicherlich den Bock meines Lebens geschossen, wenn ich's recht betrachte...
Weil ich damals im Zoohandel meine Kunden so freundlich und zuvorkommend bediente, wurde ein Kerl von der Hamburg- Mannheimer Versicherung auf mich aufmerksam. Ich würde mich so im Interesse des Unternehmens einsetzen, meine Kunden so vollendet umsorgen, ob ich nicht Interesse hätte, bei Ihnen einzusteigen...
Ich bin darauf nicht weiter eingegangen, doch ich muss da einen sehr beeindruckt haben, den ich wohl bedient hatte, denn auch nach sechs Jahren bekam ich noch Anrufe, und wurde schließlich in die Berliner Zentrale eingeladen, um mich für einen Kurs anzumelden, in dem Führungskräfte geschult wurden.
Nachdem mir 10x versichert wurde, dass ich keiner der berüchtigten Klinkenputzer sein würde, war ich halb aufgeweicht und durchaus bereit, da mitzumengen, denn wenn die so viele Jahre hinter mir her sind, naja, muss ja was dran sein an meiner Art...
Als dann aber der für die Anmeldung zuständige Mensch aus dem Fenster auf den Parkplatz schaute, wo sein brandneuer silberner 8er SL- Benz in der Sonne schimmerte und sagte: "Sie werden dann natürlich auch so einen fahren, um Ihren Status Ihren Mitarbeitern und Ihren Klienten gegenüber auszudrücken...", fiel mir alles aus dem Gesicht, da war die Sache für mich auf einen Schlag erledigt...
Ich bedankte mich freundlich, erschien nicht zu dem Schulungskurs, bin weiterhin ein popliger Gärtner/ Gartenpfleger und knabbere mich immer noch mit meiner Frau und zusammen 2500 € netto im Monat durch... Aber ich glaube, dafür auch um Welten glücklicher und mir selber treu geblieben...
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