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Thema: Frage an Ornithologen und Jäger: Tagesablauf von Bussard und Habicht

  1. #1
    Avatar von Detschkopp1
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    Frage an Ornithologen und Jäger: Tagesablauf von Bussard und Habicht

    Moin an alle!
    Ich grübele seit Tagen darüber, ob Habicht und Bussard einen bestimmten Tagesablauf haben.

    Jagen sie (ausserhalb der Brutzeit!) nur morgens oder nur nachmittags oder bei Bedarf?

    Und wenn sie "bei Bedarf" jagen: ist das dann täglich?

    Trotz "Sucherei" im Internet habe ich nichts finden können, was meine Fragen beantworten könnte; und einen hiesigen Jäger zu fragen halte ich nicht für so "elegant". Das sind meist "Herren im gesetzten Alter" , die (ich liebe Vorurteile ) wohl viel "Jägerlatein" von sich geben würden bzw. mich für ein ganz "kurioses Gewächs" halten...

    Daher wie schon so oft: ich danke jetzt schon für jede Antwort!!!

    Viele Grüße
    Detschkopp
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  2. #2

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    Ich denke nicht, dass es hier eine Regel gibt.

    Der Raubvogel wird sich seinem Beuteangebot und dessen Verhalten anpassen. Sicherlich auch sehr empfindlich auf (menschliche) Störungen reagieren.

    Sicher spielt auch das Wetter und die Thermik eine Rolle - vor allem jedoch der Appetit.

    Ich wage zu behaupten, dass es daher kein klassisches Jagdschema gibt.

    Aber sicher gibt es Wissenschaftler auf diesem Globus, die sich auch hierzu den Kopf zerbrochen haben.

    Wenn man z.B. die Tauben beobachtet, ist der frühe Morgen und der frühe Abend sehr reizvoll. Allerdings sind die "Opfer" da sehr aktiv, daher spricht viel für die ruhigere und waermere Mittagszeit, in der sie auf freiem Feld äsen.

  3. #3
    Avatar von Bohus-Dal
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    Mäusebussarde kreisen gern, das ist leichter bei Thermik, also werden sie morgens oder bei unsonnigem Wetter eher sitzen bleiben, während der Habicht als Überraschungsjäger im Wald sowieso aus eigener Kraft fliegen muß.

  4. #4
    Avatar von Bohus-Dal
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    Die Frage interessiert mich, ich finde Fragen faszinierend, auf die niemand eine Antwort zu haben scheint und die oft auch als unwichtig oder uninteressant abgetan werden.

    Im eigentlich sehr ausführlichen „Kompendium der Vögel Mitteleuropas“ (Bauer/Bezzel/Fiedler 2005) z.B. steht beim Habicht unter „Verhalten“ dazu nur „tagaktiv“, beim Mäusebussard immerhin „Tagaktiv; als Segelflieger von Thermik abhängig, daher an kalten Tagen vor allem in den Mittagsstunden fliegend, ebenso auf dem Zug.

    Zum Glück habe ich viele Bücher und habe mal etwas aus meinen Monographien abgeschrieben.

    Aus „Die Habichte“, Wolfgang Fischer 1995:

    Zur Brutzeit:
    Bestimmte Zeiten scheinen nicht eingehalten zu werden. Normal ist, daß der Terzel frühmorgens oft bereits in der Dämmerung zum Horst (manchmal mit, manchmal ohne Beute) kommt… Sonst gibt es Anflüge meist gegen 8 Uhr, 11 Uhr und nachmittags gegen 15 bis 16 Uhr…

    Bereits in der Dämmerung (4.14 Uhr) brachte das ♂ die erste Beute, es hatte sich wohl aus einem Depot versorgt. Am 43. Tag der Aufzucht ist 5.15 Uhr, 5.45 Uhr, 8.35 Uhr, 13.53 Uhr und 15.15 Uhr Nahrung ins Hortsrevier gebracht worden… Noch in der Dämmerung (20 Uhr) brachte ein Althabicht einen nestjungen Eichelhäher zum Horst.

    …die Überwachung von Balzplätzen z.B. des Birkhuhns, die der Habicht in der ersten Dämmerung am Morgen bejagt.

    Der Habicht dehnt seine zeitig am Morgen begonnenen Jagdflüge bis in die Dämmerung aus. Bei diesen Früh- und Spätflügen erbeutet er u.a. Eulen…

    Aus Hühnerperspektive interessant ist diese Beobachtung, auch wenn sie nichts mit dem Tagesablauf zu tun hat:
    „In einer Geflügelfarm flüchteten zwar die Hühner bei Angriffsflügen des Habichts, kamen aber sofort aus der Deckung heraus, wenn er Erfolg hatte. Sie umringten dann den kröpfenden Greif und versuchten, von dem toten Huhn auch einige Fleischstückchen zu bekommen (Weber 1976).



    Aus „Der Mäusebussard“, Manfred Melde 1995:

    Ich konnte den Mäusebussard vom ersten Morgengrauen bis zur späten Dämmerung beim Nahrungserwerb beobachten. Das einzelne Tier jagt … im Winter etwa 7 Stunden, im Februar/März dagegen nur noch 4 bis 5 Stunden, sicherlich als Folge der sich verbessernden Beuteerwerbsbedingungen. Schuster (1949) bezeichnet ihn als ausgesprochenen Dämmerungsjäger, was im allgemeinen widersprochen werden muß. Doch im Winter kann das größere Überraschungsmoment bei Beutetieren zu einer solchen vorübergehenden Jagdweise führen.
    Bussarde begeben sich erst sehr spät zur Ruhe… Der Anflug (an den Schlafplatz) begann vor Sonnenuntergang. Zwei Drittel der Bussarde beflogen den Schlafplatz jedoch erst danach an.
    Der morgendliche Abflug erfolgte … in der Regel innerhalb einer kürzeren Zeitspanne als der Einflug und begann bei tiefster Dämmerung. Spätabflüge bis 31 Minuten nach Sonnenaufgang waren selten.
    Im Verhältnis zur Helligkeit des Tageslichts flogen die Bussarde wesentlich früher ab als abends zu. Bemerkenswert ist hierbei noch, daß diejenigen Exemplare, die abends spät einflogen, morgens am frühesten abstrichen. Die Bussarde, die am frühesten den Schlafplatz verließen, flogen stets eilig und tief über dem Feld ab. Das gleiche konnte er auch von den abends spät heimkehrenden Tieren beobachten. Dies kann individuell bedingt sein, kann aber auch mit viel bzw. wenig Beuteerwerb des einzelnen Bussards zusammenhängen. Spätheimkehrern gelang vermutlich nur geringer Beutefang, weshalb noch das letzte Licht ausgenutzt werden mußte. Sie hatten demnach am nächsten Morgen auch den größten Hunger und verließen den Schlafplatz sehr früh.


    Obwohl ich zu den verschiedensten Tageszeiten – ab Sonnenaufgang bis kurz nach Sonnenuntergang – in Verstecken an Horsten zubrachte, waren nie Zeiten besonderer Fütterungsaktivitäten zu bemerken. Das Füttern wird nach meinem Erachten ausschließlich vom Jagderfolg der Altvögel bestimmt.
    Suomus (1952) bestätigt dies durch Beobachtungen an 4 finnischen Horsten des Falkenbussards (B. b. vulpinus), während von den Falkenbussarden im Oka-Gebiet eine ausgeprägte Dreigipfeligkeit der Fütterungsaktivität mitgeteilt wird: 4-5 h, 7-12 h und 16-20 h. Zwischen den ersten beiden Fütterungsspitzen werden dort besonders viele über den Horsten kreisende Altvögel angetroffen.


    Fuchs (1968) bezeichnet den Mäusebussard in den Alpen als ausgesprochenen Schönwetterzieher; über 90% der Vögel überqueren das Gebiet bei heiterem Wetter, fast 90% zwischen 11 und 15 Uhr, sich dabei die Thermik nutzbar machend.

  5. #5

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    Ja mich reizen solche Fragen auch positiv und motivieren zum nachdenken und stöbern.

    Allerdings bin ich bei solchen Beschreibungen immer etwas "prüfend", sie werden an sich stimmen, NUR auf was basieren diese Beschreibungen? Alle Forschungen und Berichte sind wertlos für den Leser (ich beziehe das nicht zwangsläufig auf die zitierten Bücher), wenn die experimentellen Anordnungen dazu nicht explizit beschrieben werden. (Gleiches gilt für Statistiken).

    Wenn der Autor seine Beobachtungen z.B. nur auf ein Revier beschränkt, lässt das so gut wie keine Ableitung einer allgemeingültigen Regel zu.

    Ich denke das Fazit gibt Wolfgang Fischer bereits im ersten Satz: "...Bestimmte Zeiten scheinen nicht eingehalten zu werden..."

    Danke Bohus-Dal für deine durchaus interessanten "Abschriften", welche meine Einschätzungen im Grunde bestätigen

  6. #6
    Avatar von Detschkopp1
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    Moin nbk und Bohus-Dal!
    Dich danke Euch sehr für Eure Antworten , wobei Du, Bohus-Dal, mit Deiner Ausführlichkeit sicherlich "den Vogel abgeschossen hast"! Toll!

    Jetzt habe ich noch eine letzte Frage zu diesem Themengebiet: sind Bussard und Habicht (Nahrungs-)Konkurenten? Hintergrund: ich weiß von einem Bussard-Paar in der Umgegend, habe aber noch nie einen Habicht gesehen, obwohl die hiesige Gegend (Waldrand etc.) eigentich ideal zu sein scheint...?!

    Ich bin frohen Mutes, dass einer von Euch mir auch diese Frage beantworten kann!

    Viele Grüße
    Detschkopp
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  7. #7
    Avatar von Laura
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    Hallo Detschkopp,
    wenn du die Hoffnung hast, ein Bussard würde den Habicht verjagen, muß ich dich leider enttäuschen.
    Da beide unterschiedliche Jagdstrategien haben, begegnen sie sich kaum.
    Seit langer Zeit habe ich die Tage mal wieder einen Habicht am Himmel gesehen, normal ist er nahezu unsichtbar für uns. Aber das Habichtpaar ist hier sehr aktiv. Im Sommer weniger bei den Hühnern, da sie leichtere Beute finden. Ab Oktober versuchen die Junghabichte wieder ihr Glück und bringen meine Truppe ganz schön auf Trab.
    Zu den Jagdzeiten hätte ich noch etwas. Da ich im Normalfall gegen 11 Uhr die Hühner versorge, dazu gehört auch das Freilassen der Küken, haben sich alle Beutegreifer mit Hunger darauf eingestellt. Während der Brutzeit von Habicht und co erfolgt der Angriff immer wenn ich im Stall verschwinde. Die Hühner sind mit dem Futter abgelenkt und der Mensch außer Sichtweite. Darum hatte ich schon öfter sehr nahen Kontakt zu den Geiern. Selbst der Sperber schlägt dann die Spatzen, da auch sie sich in einem Busch sammeln, um von Hühnerfutter etwas abzubekommen. Ansonsten schlagen sie ihre Beute hier bis zur Dämmerung.
    Rot-und Schwarzmilan kamen sehr zuverlässig angeflogen, wenn ein Küken längere Zeit am Piepsen war. Anscheinend haben sie ein sehr gutes Gehör und wollen sich eine scheinbar leichte Beute nicht entgehen lassen
    Gruß, Laura
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  8. #8
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    Hy Detschkopp!

    Futterkonkurrenten sind Habicht und Bussard nicht, allerhöchstens in dem Falle, wenn der Habicht gerade eine Beute geschlagen hat und kröpft, und ein Bussard kommt und will sie ihm abjagen. Ansonsten aber bevorzugen beide jeweils andere Beute und kommen sich daher nicht in die Quere.

    Was aber sein kann, ist, dass ihr Teil eines Habichtrevieres seid, das Zentrum aber ganz woanders ist. Wir haben hier einen ganz ähnlichen Fall. Das nächste Habichtpaar lebt etwa 8 km weiter, Habichtvorkommen haben wir hier aber nur im Winter, und das sind dann die Altvögel, die nun auch die entlegeneren Winkel ihres Revieres nutzen.
    Das es die Altvögel sind, merke ich daran, dass sie auf den Feldern und in den Wäldern bleiben, und auch Krähen schlagen, für die Junghabichte noch nicht genug Erfahrung haben (es sei denn falknerisch geführte Rothabichte, aber die kann man auch auf ausgewachsene Hasen und Rehe werfen, was die Verhältnismäßigkeit wild/ abgetragen verdeutlichen soll).

    Ansonsten haben wir das ganze Jahr hindurch ein Sperberweib, das hier im Dorf jagt, daneben gibt es Rotmilan, Turmfalke und Mäusebussard, ab und an kommen auch Baumfalken vorbei, ein paar Kilometer weiter in einem Steinbruch gibt es Wanderfalken, die unsere Gegend teils auch als Winterrevier nutzen.
    Ich habe anfangs auch gedacht, die große Greifvogel- "Konkurrenz" würde ein Habichtrevier verunmöglichen (zumal in einem Waldstück ein paar 100 m hinter dem Dorf zwei alte Habichthorste sind), als ich dann aber doch das Paar einige Kilometer weiter entdeckte (bei einem Balzflug in der offenen Luft), war es klar, dass wir zum Glück außerhalb deren Revierzentrum liegen ^^.
    Eventuell ist es bei Euch ja auch so.

    Grüße,
    Andreas
    Habe gerade 1000 Kalorien verbrannt- Pizza im Ofen vergessen...

  9. #9

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    Habichte meiden nach meiner Erfahrung die direkte Nachbarschaft mit Bussard oder Milanpärchen. Wenn man die in der Nähe hat, dann sollte man die nicht vertreiben.
    Gruß Michael

    2,23 Lakenfelder

  10. #10
    Avatar von Detschkopp1
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    Moin an alle!
    Es ist etwas verspätet, aber ich danke Euch für Eure interessanten Antworten!

    Mir scheint, dass auch Greifvögel Regelmäßigkeit schätzen - allerdings anders, als wir es gern hätten...

    Und wenn wir Glück haben, bleibt uns der Bussard erhalten und hält den Habicht (den wir hier noch nie sahen) fern... es ist wirklich ein spannendes Thema!!!!

    Viele Grüße und einen etwas trockeneren Tag wünscht
    Detschkopp
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