Guten Abend zusammen,
auch ausgelöst durch den gelöschten "Mörderkrähen"- Thread, mache ich mir seit einigen Tagen ziemlich intensive Gedanken zum Umgang mit Prädatoren. Hier dreht es sich um unsere Hühner, doch kann man das auch ganz leicht auf alle potentiellen Prädator- Beute- Beziehungen anwenden, weil das Prinzip überall dasselbe ist.
Die herkömmlichen Verfahrensweisen sind ja:
a) Töten
b) Fangen und ganz woanders wieder aussetzen
c) Den Prädatoren den Zugang erschweren oder unmöglich machen, und damit sich selbst und die zu schützenden Tiere einschränken
Nachteile von a) und b) wären, dass man das lästige Tier zwar weg hat, aber das Revier ist dann wieder unbesetzt. Wie die Natur so ist, wird es schnell wieder besetzt sein, und keiner weiß, ob der neue Revierinhaber nicht noch viel schlimmer ist als der letzte.
Nachteil von c) wäre, dass man dann zwar seine Tiere sicher hat, aber dennoch immer weiter auf der Hut bleiben muss und sich nicht den geringsten Fehler leisten darf, die Gefahr bleibt also quasi latent vorhanden.
Und hier habe ich nun eine Idee zum Verfahren, wie sie zB in Australien schon mit territorialen 5 m- Leistenkrokodil- Bullen geklappt hat, die Touristen und Anglern zu nahe kamen, und in der Gefahr waren, darum erschossen zu werden, obwohl sie für's Ökosystem eine nicht wegzudenkende Rolle spielen...
Dort haben Naturschützer, eingedenk der ökologischen Rolle und der Problematik einer Tötung oder Umsiedlung folgendes gemacht:
Eine Falle wurde gesetzt, und das Krokodil gefangen. Anstatt es nun zu erschießen oder umzusiedeln, hat man sich einer anderen Idee besonnen, und zwar dem zu vertraulichen Tier Menschenscheu einzubläuen.
Man zog die Falle an Land, ließ das Tier darin, und ließ zB Bootsmotoren lautstark neben ihm laufen, man schoß neben der Falle ins Wasser, man leuchtete dem Tier nachts mit Flutlichtern in die Augen, und machte über Tage überhaupt einen Heidenspektakel.
Dann ließ man das Krokodil an Ort und Stelle wieder frei. Das Tier verschwand umgehend, und ward nicht mehr gesehen.
Nachkontrollen nach wenigen Tagen und einigen Monaten erbrachten folgendes:
Der Krokodilbulle war nach wie vor vor Ort und Inhaber des Reviers, wie Spuren am Ufer und später auch Sichtungen von ferne zeigten. Aber vom Tag der Freilassung an hat sich kein Tourist mehr bedroht gefühlt, kam das Krokodil keinem Menschen mehr zu nahe, glitt schon von weitem beim Hören eines Bootsmotors oder Menschen ins Wasser, und hielt sich vom Ort, wo es das Entsetzliche erlebt hatte, sowie von Menschen strikt fern...
So konnte allen gedient werden; dem Ökosystem, den Touristen und Anglern, dem Nationalpark und nicht zuletzt dem Krokodil, dass so eines unnötigen Todes verschont blieb.
Und hier gingen meine Gedanken nun zu den Prädatoren und Lästlingen in unserer Hühnerhaltung...
Einige User hier im Forum hatten bereits ganz ähnliche Ideen mit Habicht und Sperber. Wenn sie einen im Stall oder im Netz verheddert erwischten, dann nahmen sie ihn und trugen in 10/15 Minuten unter dem Arm spazieren. Ein Heidenstreß für den Vogel, aber auch eine äußerst einprägsame negative Erfahrung für ihn. Und durchweg berichten die User, die es so gehandhabt haben und ihn dann wieder fliegen ließen, dass sie von Stund' an keinerlei Probleme mehr mit dem Unhold hatten...
Die negative Konditionierung hatte also volle Frucht getragen.
So...
Greife sind ja nun geschützt, daher sind da die Hemmungen größer, dem einfach mal eben die Gurgel umzudrehen und ihn im Komposthaufen zu verscharren, wo man ihn schon mal hat...
Indes, diese Hemmungen haben einige hier ganz offen auch nicht, und erst recht nicht bei solchem Geräuber wie Krähen und Elstern. Auch gegenüber Fuchs und Marder hat man oft keine Bedenken, was deren Tötung angeht, wenn man sie in Fallen dingfest hat...
Und hier mein Gedankenansatz:
Wie wäre es denn nun, wenn man einmal ganz unüblich aufs Töten oder Irgendwo weit weg Aussetzen verzichtet, sich also "generös" zeigt, und mit den Gefangenen genau dasselbe macht, wie die Australier mit dem Krokodil (welches eine wesentlich größere Gefahr darstellt als diese kleinen Pelzräuber), oder die bewussten User mit Habicht und Sperber?
Das Tier in der Falle lassen, aber zB tagsüber mitten auf den Hof stellen, daneben Holz hacken, mit dem Auto hupen, nachts das Tier anleuchten, mal gegen den Käfig klopfen und dann wieder laufen oder fliegen lassen...
Jaja, ich weiß, das Tierschutzgesetz und überhaupt!
Dem gegenüber steht aber, dass viele hier sich einen Kram um Vorschriften und Gesetze kümmern, und dennoch eigenmächtig Selbstjustiz ausüben.
Was das Töten und Neubesetzung des Reviers angeht, so kann das ganz schnell in einen nie endenden Teufelskreis ausufern. Neuer Revierinhaber, neuer Schaden, wieder töten und wegmachen...
Was aber stünde dem Vorgehen entgegen, dem Prädatoren das Leben zu schenken, es ihm aber gründlich auszutreiben, sein Futter in direktem menschlichem Umfeld zu suchen, Hühner zu jagen, etc.?
So hätte man folgende Vorteile:
a) Das Revier bliebe besetzt, es würden keine Neuzuwanderungen ungewisser Charakteristik stattfinden
b) Der Revierinhaber geht nach solch üblen Erfahrungen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr an Nutztiere oder in enge Menschennähe, und lebt auch noch lange genug (wahrscheinlich), um das auch seinem Nachwuchs beizubringen
c) Der Revierinhaber wird sich daher stärker auf seine ökologische Rolle als Insekten- und Mäusevernichter besinnen, und dafür wahrscheinlich sein Revier ausweiten, je nach Lebensraum, was die allgemeine Siedlungsdichte an Prädatoren herabsetzt; auch ein Plus für's Ökosystem und näher am natürlichen Soll.
Wie steht Ihr nun zu der Idee?
Wäre es nicht ein probierenswerter Ansatz, statt resolut zur Tötungsmaschinerie zu greifen, dem Prädator einfach mal eine kräftige negative Kondition auf Menschen und deren unmittelbares Umfeld angedeihen zu lassen?
Das ist sicherlich genau so wirksam wie das Töten, nur eben ohne Töten und mit erwähnten Vorteilen.
Sicher muss man dann seine Tiere nachts immer noch zusperren, aber man kann doch sicherlich wesentlich entspannter leben, man hat die Gewissheit, nicht relativ unnötig Tod verursacht zu haben, man hat quasi sein Auskommen mit dem Prädator gefunden, und ihm seine Grenzen aufgezeigt...
Da alle unsere Prädatoren hinreichend intelligent und aufgeweckt sind, wird eine negative Konditionierung sicher auf fruchtbaren Boden fallen, und ich fände das um einiges ethischer und im ökologischen Sinne vertretbarer als das "übliche" Vorgehen.
Und ich finde, wenn es klappt, dadurch im friedlichen, wenn auch immer noch vorsichtigen Einvernehmen mit einem 5 m- Leistenkrokodilbullen zu leben, dann sollte dass doch sicherlich auch gelingen, dasselbe mit Tieren zu machen, die statt uns am Stück nur unsere Nutztiere fressen könnten...
Wie sind Eure Ansichten zu der Sache?
Bitte nicht polemische Phrasen bringen, sondern wirklich einmal nachdenken, ob es immer die ganz harte Tour sein muss, oder ob nicht auch ein leicht anderer, aber sicher ebenso effektiver Weg gangbar wäre!
Sehr interessierte Grüße,
Andreas
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