Ich glaube, es hat nichts mit Rivalität zu tun, sondern mit Respektlosigkeit.
Je vertrauter ein Hahn oder eine Henne mit dem Menschen ist, je niedriger ist auch die Hemmschwelle, ob es ums Betteln geht oder um Aggression.
Ich habe schon viele Hähne gehalten, aus Kunst- und aus Naturbrut, und habe nie Probleme gehabt mit Agressivität oder extremer Distanzlosigkeit. Seit letztem Jahr habe ich aber einen Hahn aus der Hybriderzeugung aufgenommen, d.h. Kunstbrut ohne große menschliche Zuwendung, danach Käfighaltung und regelmäßiges Herausnehmen zum Abmelken des Spermas.
Dieser Hahn war von anfang an nicht respekt-, aber absolut distanzlos. Er ist nicht ausgewichen, man konnte ihn mit dem Fuß zur Seite schieben, nur greifen lies er sich nicht.
Man konnte im Laufe des Winters sehr deutlich zusehen, wie dieser Hahn sein Verhaltensrepertoire aus der Versenkung geholt hat. Inzwischen kümmert er sich um seine Hennen, fühlt sich verantwortlich und hat jetzt auch begonnen zu treten. Gleichzeitig ist er sehr tolerant und verträglich gegenüber anderen Hähnen.
Dafür aber hat er jetzt angefangen, seine Hennen und sein Revier, besonders den Hühnerstall, gegenüber allem zu verteidigen, was kein Huhn ist. Er geht sogar die Hunde an, wenn sie die Nase in den Hühnerstall stecken, und als Mensch muß man aufpassen, dass er einem nicht an die Waden geht. Er wird dabei immer dreister und auch immer grober. Also ist es wohl auch ein Lerneffekt. Anfangs war es noch leicht, ihn gleich zu packen, nach einer viertelstunde auf dem Arm war dann wieder für Wochen Ruhe. Jetzt weiß er schon, was kommt und plant seine angriffe so, dass er danach leichter flüchten kann. Ich fange ihn dann zwar immer noch, aber der Effekt hält nicht mehr so lange vor.
Wie auch immer, entweder er lernt, dass es so nicht geht, oder er hat sein Bleiberecht verwirkt.
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