Das Zeitalter des Internets brachte es mit sich, Informationen über alles und jedes durch „Googeln“ (ich nehme das pars pro toto) jedermann leicht zugänglich zu machen. Leider aber ist mit dieser deshalb durchaus fragwürdigen Bereicherung einer wahren Informationsflut die Verarmung eingetreten, daß die so erlangten Informationen nicht mehr „verinnerlicht“ werden, nicht mit eigener Geistesarbeit durchdacht und reflektiert werden.
Ich bin jetzt pensioniert, doch noch nicht lange zurück, stand ich mitten im universitären Lehrbetrieb. Von daher rührt meine Erfahrung, daß die Leistungen eigenständigen Denkens, sowie die Leistungen desjenigen „Agens“, welches seit jeher die besonderen Qualitäten des Forschers in seinem besten Sinne ausmacht, bei den Studenten nicht nur der Naturwissenschaften mit der Verfügbarkeit des Internets rapide – und in erschreckendem Maße – zurückgegangen sind. In diesem Zusammenhang würde ich durchaus von einer Dekadenzerscheinung sprechen, wie sie auf andere Art und unter anderen Umständen die Zerfallsphase schon einiger einstiger Hochkulturen kennzeichnete.
Deshalb, Vogthahn, so sehr ich Deine sonstigen Beiträge schätze und immer gerne lese, genügt es als Diskussionsgrundlage nicht, zur Bestätigung Deiner Meinung auf einen Internetlink zu verweisen. Im Internet lassen sich „Beweise“ und „Gegenbeweise“ für alles und jedes finden!
Bärbel hat hier einen Einblick gegeben, wie sie an Krebs erkrankte und wie sie geheilt wurde. Ich glaube ihr! Und ich bin kein Druide, ich bin knochentrockener Wissenschaftler. Meine ehemaligen Studenten können ein Lied davon singen. Doch bin ich kein Mediziner, ich bin Zoologe. Was aber nicht mehr und nicht weniger bedeutet, als daß ich in meinem Beruf mit dem Leben, mit dem Lebendigen zu tun hatte. Es würde sich mir schon vom Takt her verbieten, einem vom Krebs geheilten Menschen gegenüber von „Placeboeffekt“ zu sprechen. Was für ein wohlfeiles Wort: „Placeboeffekt“. Das mag vielleicht bei einem Schnupfen seine Berechtigung haben, aber nicht bei Krebs!
Die Diagnose „Krebs“ bestätigt dem damit befallenen Menschen nicht eine Krankheit, sie reißt mit brutaler Hand einen Vorhang zurück und öffnet ihm eine Bühne, auf der dieser Mensch in einem unerträglich gleißenden Licht ganz allein in einem namenlosen, grauenhaft unendlichen Universum steht, sich ohne Ausweg selber spielen muß, als sein eigener Drehbuchschreiber und Regisseur – und er KANN NICHT! Er kann nicht. Das ist Krebs!
Mit Homöopathie habe ich mich noch nie beschäftigt. Wenn ich aber an dieses Thema herangehe, dann kann ich meiner Ausbildung und meinem ganzen Berufsleben gemäß nicht anders daran herangehen als mit einer wissenschaftlichen Vorgehensweise. Du, Vogthahn, „googelst“ nach einem Ergebnis, das Deine Sichtweise stützt. Du hinterfragst weder die Quelle, noch überprüfst Du, wie dieses Ergebnis zustandegekommen ist. Auch mir würde es schwerfallen, das zu tun. Gehen wir Schritt für Schritt vor. Die Fragestellung ist: Für Homöopathie oder gegen Homöopathie? Die gegebenen Voraussetzungen sind: Weder Du noch ich wissen irgendetwas Wirkliches über Homöopathie. Was wir beide wissen, und was somit Konsens ist, besteht in der Tatsache, daß es soetwas wie Homöopathie gibt und unterschiedliche Meinungen darüber. Ebenso Tatsache ist, daß Dein Wissen über die Homöopathie sich allein darauf beschränkt, diese widerlegen zu wollen; mein Wissen sich darauf, daß es Homöopathie gibt und Menschen, welche überzeugt sind, damit geheilt worden zu sein. Viel mehr weiß ich über Homöopathie nicht. Du gehst davon aus: „Das ist Unsinn!“. Ich gehe davon aus: „Davon verstehe ich nichts – aber wer heilt, hat recht!“ Zu der Sachfrage über die Homöopathie kannst also weder Du noch ich irgendetwas Erhellendes beitragen. Es folgt die „Stufe zwei“: Cui bono? Wem nützt es? Dazu ist es notwendig, zunächst die Kontrahenten zu bestimmen: Einerseits ist es der Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, andererseits ist es die Schulmedizin. Daß es Hahnemann gab, und wer Hahnemann war, läßt sich jederzeit darlegen. Aber was ist „Schulmedizin“? Um hier in keine ausschweifende Diskussion zu verfallen, stelle ich einfach rundheraus fest: „Schulmedizin“ ist das, was Monsanto und den anderen Pharmagangstern dazu dient, Profit zu machen! Das heißt nicht, daß „Schulmedizin“ schlecht ist, aber dieser schwammige Begriff der „Schulmedizin“ wird eben dazu benutzt, daß sich Verbrecher im Mantel der Wissenschaft exzessiv bereichern.
In Aufrufung Deines Links, Vogthahn, lese ich folgendes, das die Homöopathie und überhaupt nichtindustrielle Heilmethoden diskreditieren soll:
Indoktrination durch unreflektierte Schlagworte ·
In die wissenschaftliche Medizin muß Weisheit und Erfahrung eingebracht werden
o des Volkes
o der Inder
o der Chinesen o der Primitiven
· Man muß die unkonventionellen Therapieformen besser erforschen ·
Die "Schulmedizin" kann nicht heilen
· unkonventionelle Heiler sind die "Verfolgten" einer verstaubten Schulmedizin
· Dagegen muß es doch etwas geben!
· Eine glaubwürdige Person hat es bestätigt · Aber das weiß man doch ... ! · Ich habe es doch selbst gesehen! · Man kann es nicht ausschließen ... · Für meine Gesundheit darf nichts zu teuer sein · Wer heilt, hat Recht
Eine schäbigere „Indoktrination durch unreflektierte Schlagworte“ als durch diese widerwärtig unterstellende Auflistung zutage tritt, ist mir kaum jemals untergekommen.
Was soll denn daran schlecht sein, wenn man auf die Erfahrung und die Weißheit der Völker, der Ahnen zurückgreift? Die immerhin auf der gleichen Welt gelebt haben, Kinder gezeugt, bekommen und großgezogen haben wie wir Heutigen. Die ebenso wie wir Liebe, Leid und Trauer durchlebt haben. Mein Respekt gilt der Schulmedizin, die unter allen Wissenschaften wohl das Größte geleistet hat, gilt sie doch der Heilung des Leides der Menschen. Wobei ich selbst hier noch meine Vorbehalte habe, Leid und Krankheit in eins zu setzen. Denn selbst der gesunde Mensch kann leiden – in seiner Seele. Und wo könnte das Leid größer sein als dort?
Ich möchte an eines mahnen: Wo Weißheit und Erfahrung der Völker – in unserem Fall das deutsche Volk, von Kindheit an durchtränkt vom Zauber unserer Märchen wie kein anderes Volk auf dieser Welt –, wo diese Weißheit und Erfahrung abgetan werden als „Indoktrination durch unreflektierte Schlagworte“, dort ist kein Heil.
Bruno Gröning konnte heilen, aber er konnte es nicht erklären. Wir Wissenschaftler vermeinen, so vieles erklären zu können – aber wir können nicht heilen.
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