Ich denke, dass Du meine Meinung und Haltung ziemlich richtig verstanden hast. Ich habe großen Respekt vor Leuten, welche in ihrer Zuchtarbeit etwas in die Tiefe gehen, wie etwa Du und noch ein anderer Kollege in dem Forum, welche sich sehr für die Farbgenetik interessieren. Wie schon erwähnt, habe ich damit auch bei Altsteirern etwas zu tun.
Gerade bei jenem Bestand an Wiener Hochfliegern, wo ich relativ lang das Zuchtbuch geführt habe, habe ich bei Tauben versucht, mich etwas in die Farbgenetik zu vertiefen und hatte eigentlich das Ziel, von jedem Tier die Farbgenetik über gezielte Paarungen zu erheben, wenngleich es mir v. a. das Anliegen war, den Hochflugtaubensport Wiener Provenienz wieder zu exhumieren, bzw. dabei zu helfen. Das ist dzt. aber nur mehr mittelbar und publizistisch möglich.
Du hast aus meiner Sicht die BV-Zucht immer recht engagiert betrieben und leider gibt es nicht sehr viele Leute in Europa, welche das so ernst nehmen. Auch ich wollte seinerzeit für die Altsteirer eine Bruthennenpopulation aufbauen und daher wollte ich hier gleich eine Kulturrasse hernehmen, und nicht mit Hybridkreuzungen eine ebensolche aufzubauen. Das wär natürlich einfacher gewesen, denn bei den BV ging es gleich in die Tiefe, als ich die Rasse etwas besser kennen lernte. Insbesondere die Eifarbe war schon allein Herausforderung genug, doch auch Eigewicht und Legeleistung streuten gewaltig. Dennoch hatte ich schon als Ausgangstiere sehr leistungsbereite Hennen, mit 5 Eiern/Woche, dunkelbraunem Ei und zuverlässigem Bruttrieb.
Die beste Show-Linie hatte aber im Juli schon mal eine ordentliche Pause, wenn auch das Eigewicht recht gut war. Dennoch, bei einer bestimmten Aufzuchtrate, wäre eine breitere Selektionsmöglichkeit und wohl auch eine leistungsmäßige Verbesserung durchaus möglich gewesen, doch da fehlten Platz und v. a. auch die Zeit. Marekdispostition und v. a. die schreckliche Aufspaltung bis hin zu Schecken, war nur was für Hartgesottene mit den entsprechenden Voraussetzungen v. a. an Platz. Da war bei mir nur das Erstere vorhanden, doch die Herausforderung hätte ich sehr gerne aufgenommen. Ich habe so nebenbei auch bei den AWH (Altsteirer weiß) mit einem leistungsmäßig sehr schlechten Genpool begonnen, der auch noch extreme Schnupfendispostion aufwies. Doch da waren noch andere Parameter sehr bescheiden, obwohl die Tiere prinzipiell aus besten Blutlinien stammten, repektive Schautieren. Doch das geht ebenfalls ziemlich in die Tiefe.
Zu Hollands Barneveldern fällt mir v. a. ein, dass die Qualität dort wesentlich schlechter ist, als in der BRD, zumindest was den Schautyp anlangt. In Holland sind offenbar schon Kammfehler und diesbezügliche geringe Qualtitä keine Seltenheit. Doch vielleicht liegt der Grund gerade darin, dass statt dessen die Leistungsparameter wieder besser sind. Das ist natürlich auch bei mir nicht minder wichtig.
Ich habe in den letzten 10 Jahren bei AWH das Niveau meines Bestandes wesentlich verbessern können, sowohl in Schautyp wie auch Leistung, die bei mir nach einer Vorselektion in 2. Ebene maßgebend ist, denn den Rassetyp der Sportzucht will ich dennoch nicht außen vor lassen. Dabei kann ich gute Zuchttiere nur max. 3 Wochen während der Zuchtperiode nutzen, da ich wegen der Stammbaumzucht kaum "unbekannte" Eier erbrüte, bzw. die restliche Zeit, außer den schulfreien Perioden, nicht vor Ort sein kann.
Da Du Dich in der Farbgenetik so gut auskennst, respektive der Zuchtgeschichte, ist es mehr als nachvollziehbar, dass Du diese Wege in Realität nachvollziehst.
Ich bin jedenfalls sehr zuversichtlich, dass die Erstellung eines europäischen Herdbuches möglich ist und irgend wann aus der Taufe gehoben wird. Dzt. scheint es möglich, eine diesbezügliche Basis zu finden, denn es ist sehr wichtig, dass die Sportzucht nicht der alleinige Erhalter der alten Ressourcen und Wirtschaftsrassen ist. Die Motivation dort ist v. a. sportlicher Natur. Gerade die Sportzucht ist vor rund 100 Jahren von England auf das Festland gekommen und wurde in der BRD sehr verfeinert, quasi nach deutscher Gründlichkeit. So gesehen sind die Barnevelder v. a. eine deutsche Rasse, weil sie erst die Deutschen zu dem gemacht haben, was sie heute sind.
Die Deutschen kreuzen überall gerne "alles mögliche" ein. So stehen beim Hannoveraner ständig 10 % der Hengste mit rein englischem Vollblut in der Zucht. Das ist aus meiner Sicht eigentlich eine Verdrängungskreuzung auf Sicht. Das finde ich eigentlich weniger toll, wenn auch das Thema Warmblut und Sport insbesamt sehr in die Tiefe geht.
Alte Rassen sind eigentlich Genpoole, welche sich nach den klimatischen und wirtschaftlichen Forderungen spezifisch entwickelt haben. Vor diesem geistigen Hintergrund sehen ich die BAH.
Ich habe seinerzeit auch beobachtet, dass viele BAH die genetische Gefiederremse hatten. Hier habe ich ebenfalls gegenselektiert, sofern die Auswahl gegeben war und hatte schon nach 1-2 Jahren recht gute Ergebnisse, obwohl mir immer mehr Parameter wichtig waren. Hier kann man gut gegenselektieren, was für eine "mitteleuropäische" Rasse sicher nicht unwesentlich ist. Gerade dieses Faktum macht deutlich, wie sehr asiatisches Blut in der BAH-Rasse vertreten ist. Ähnliches gilt sicher auch für New Hampshire.
In Sachen Inzucht ist es wichtig, dass man für möglichst alle zuchttauglichen Hähne ein Betätigungsfeld findet, weil sonst die Inzuchtrate sehr steigen würde. Dann sind eigentlich auch kleine Genpoole kein wirkliches Probem in Sachen Steigerung der Inzuchtrate. Ich habe mit "Fremdblut" sehr oft schlechte Erfahrungen gemacht. Daher muss ich v. a. eigenes Blutmaterial verwenden. Dabei ist es natürlich ein Vorteil, wenn man über Generationen die Abstammung jeedes Zuchttieres kennt. Das ist natürlich von Vorteil, weil man die Tiere im Rahmen des Möglichen mögichst entfernt verpaaren kann.
Das Problem ist v. a., dass sich fast alle bei Inzucht nicht auskennen. Damit kann man natürlich auch gewünschte Gene im Genpool anreichern, wie das ohnehin bei der Hybridproduktion schon seit langer Zeit handhabt.
Vielleicht nehme ich in der nächsten Zeit mal wieder mit den deutschen Kollegen Kontakt auf, denn ich habe echte Sorge, dass die letzten Reste des Genpools Buttler und sonstiger Züchter von Format verschwinden.
Ich habe damals einfach auch zu viele Genpoole gehabt. Jenes Material, welches ich in Österreich vorfand, hätte sicherlich ausgereicht. Dennoch, vielleicht lässt sich mit engagierten jungen Züchtern wieder eine neue Basis finden. Dennoch muss ich - ob ich will oder nicht - die Kirche im Dorf lassen, weil ich zeitlich und platzmäßig sehr limitiert bin und schon bei den AWH noch vor wenigen Wochen aussteigen wollte und vielleicht auch noch muss.
Viele Grüße aus Wien vom
Altsteirer
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