Ich mußte mich gerade von meiner neun Jahre alten, hochbewährten Chefhenne verabschieden - und kriege jetzt eine eindrucksvolle Lektion darüber, was solche Oldies für eine Truppe wirklich bedeuten.
Ich darf hier keinen Hahn halten, und so war Henriette all die Jahre, die sie hier lebte, die unbestrittene Chefin. Bis zum letzten Tag. Sie hatte aber nicht nur den Vorrang, sie wachte und warnte auch, die Jüngeren verzogen sich oft zu ihr, wenn es unruhig wurde, und es ging in ihrer Gegenwart jederzeit sehr friedlich und gesittet zu. Wobei sie notfalls auch mal nachdrücklich per Schnabelhieb Respekt einforderte, aber nie wirklich aggressiv oder zänkisch war.
Was ihre Gegenwart bewirkt hat, sehe ich aber erst jetzt nach ihrem Tod: In der bisher so harmonischen Gruppe ist echt der Teufel los. Die drei älteren Hennen, die im Rang direkt unter ihr standen und reibungslos miteinander auskamen, kloppen sich plötzlich, dass die Federn fliegen, die Jüngeren werden regelrecht getriezt, kurz: es herrscht das Chaos. Und Eier werden plötzlich auch kaum noch gelegt.
Hätte ich echt nicht gedacht. Es wird natürlich spannend sein, zu beobachten, wer da das Rennen um die Spitze machen wird, und ob es wieder eine Henne schaffen kann, so eine unangefochtene Nummer Eins zu werden wie die alte Chefin. Aber ich gäbe schon was dafür, wenn ich die Oma und mit ihr die bisherige Ruhe und Stabilität in der Truppe zurückhaben könnte!
Und mich würden eure Erfahrungen jetzt sehr interessieren: War meine alte Dame ein Ausnahmevogel - oder ist es die Regel, dass alte Hennen solche "Integrationsfiguren" werden?
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