Dinge gibt's...
Da gehe ich am vorletzten Tag meines möglicherweise wohl verdienten Urlaubs nochmal ganz nach hinten ins Hühnergehege und mache eine schicksalsträchtige Entdeckung... Vorher sei gesagt, dass ich nicht all zu oft im ursprünglichen Hühnerbereich bin, da die Tanten sowieso seit geraumer Zeit den kompletten Garten samt Hof als ihr persönliches Eigentum ansehen. Liebevoll & im Schweiße meines Angesichts hatte ich damals einen Zaun aus alten Brettern für sie gebaut, aber sie scheinen diesen mittlerweile gar nicht mehr für voll zu nehmen. Sie fliegen drüber, quetschen sich zwischen den Latten durch oder beherrschen die Kunst der Teleportation. Ich weiß es nicht. Am Ende sind sie immer mehrheitlich überall, nur nicht im Hühnerbereich. Dann lassen sie alle paar Meter einen Haufen (manche auch einen Schmetterschiss) fallen - gern, wenn man direkt danaben steht - um zu suggerieren: MEINS. Nun gut, sollen sie halt machen. Bis zum Winter hecke ich einen Plan aus...
Jedenfalls grenzt der Garten am Haus an eine Art Feldweg - schräg gegenüber ist nochmal ein kleiner Gemüsegarten. In den wollte ich meines Wissens nach nicht, also war ich aus unerklärlichen Gründen just in dem Moment vor Ort, als am Zaun ein kleiner rötlicher Schatten vorbeizog, nur um - mittlerweile bereits aus meinem Sichtfeld - ein fröhliches Krähkonzert anzustimmen. Ich also trotz gefühlter 35 Grad im Schatten hellwach. "What? Ein Gockel ohne Herrchen?" Tür auf, ihm nachgeschaut...Da stolziert er, Typ Zwergwyandotte, mitten auf dem Weg entlang in Richtung Bach. "Gut" denke ich mir. "Hier hat jeder zweite Hühner - er wird wohl auf dem Heimweg sein." Da er zwar interessiert, aber nicht verzweifelt zurückblickte und ein Einfangen definitv zum Scheitern verurteilt gewesen wäre, ließ ich ihn ziehen. Wohlgemerkt mit Bauchgrummeln, es ging nämlich bereits auf den Zapfenstreich zu. 15min & einen Blick später meinerseits war der Herr wieder auf dem Rückweg, also traf ich eine Entscheidung, schließlich sollte der Kerl ja nicht meinem Hausmarder zum Opfer fallen, ehe er sein Zuhause wiederfinden konnte: Tor auf, Haferflocken gestreut - Hahn im Hühnegehege gesichert.
Natürlich begann er sofort ein euphorisches Lockkonzert, was wiederum meinen Zwerghahn Günther nicht sonderlich erfreute...
So verbrachte man den Abend mit Rumfragen, Zettelchen aufhängen, Telefonieren... Niemand vermisste einen Hahn und niemand wusste, ob nicht der Nachbar zufälligerweise einen solchen Hahn besessen hatte. Ziemlich ungewöhnlich für ein Dorf mit nicht mal 600 Einwohnern... Selbst Facebook-Aufrufe in lokalen Gruppen brachten zwar Bilder von Brathähnchen, nicht aber einen Besitzer zu Tage.
Heute ist Tag 5 und Sebastian (er sieht einfach aus wie einer) ist schwer verliebt. Meine Zwergwyandotten-Mädels haben es ihm angetan und er legt sich so ins Zeug, dass ich ihn nicht mehr hergeben möchte. Günther, der deutlich kleiner ist als er, aber ein drei Meter sechzig großes Selbstbewusstsein besitzt (die Vorbesitzer überließen ihn mir mit der Aussage, er sei so schüchtern und würde von den großen Hennen gemobbt...), zeigt ihm zwar, wo der Hammer hängt - größere Streitigkeiten gibt es dennoch nicht. Und bei 23 Hennen dürfte doch wohl für jeden etwas Passendes dabei sein...
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