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Thema: Hahnenverhalten, aus "ein wenig Hühner-Philosophie"

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    Hahnenverhalten, aus "ein wenig Hühner-Philosophie"

    Zitat Zitat von Darwin Beitrag anzeigen
    Für einen Junghahn etwa ist "vergewaltigen" die einzig "sinnvolle" und artgemäße evolutionsbiologische Reproduktionsstrategie; schließlich geben sich die Hennen freiwillig nur dem Alpha hin und der Junghahn kann morgen schon aus der Existenz gefallen sein (siehe oben). Auch für den Althahn macht "vergewaltigen" in diesem Sinne manchmal "Sinn", etwa wenn sich eine Henne des Reviernachbarn in seinen Bereich verirrt hat - in diesem Fall wäre ein mehr oder weniger gewaltsames "Beitreiben" dieser Henne die Option der Wahl - aus Sicht des Hahnes.
    Öhm, was ist denn das sonst als Vergewaltigen, wenn man eine fremde Frau (welcher Art auch immer) gewaltsam gegen ihren Willen nimmt?
    (....)
    Für einen Junghahn ist die beste und effektivste Methode, sich recht früh gegenüber den Hennen zu beweisen, die ihm dann völlig freiwillig folgen und sich auch völlig freiwillig nehmen lassen. Der triebgestaute/ übersteuerte Junghahn widmet ca. 60- 70 % seiner aktiven Tageszeit nichts anderem, als hinter vor allem auch immer den rangniedersten Hennen herzuhetzen und sie ruppig und mit Gewalt zu nehmen.

    Das zeitigt in meinen Augen gleich mehrere Nachteile, die ich hier auch schon (wiederholt und unter gleichen Bedingungen, um dem wissenschaftlichen Anspruch weitestgehend Genüge zu tun...) beobachten konnte:

    a) Irgendwann meiden den Hahn ALLE Hennen, sogar die, die ihn bis dato vllt. freiwillig dran gelassen haben
    b) Hühnerhennen können genau so wie viele andere Vogelweibchen das Sperma eines Männchens sofort nach dem Tritt wieder ausscheiden. Vor allem dann, wenn sie mit dem Partner nicht einverstanden sind.
    c) Der Junghahn achtet kaum auf seine Umwelt, und ist durch seine Triebübersteuerung höchst unvorsichtig, also ein weit wahrscheinlicheres frühes Opfer.
    d) Da es in der Regel die rangniedersten Hennen am meisten und als erste trifft, die meist auch ein eher unsicheres Wesen haben, vermindert sich allein dadurch ein etwaiger Fortpflanzungserfolg nochmals. Weil solche unsicheren rangtiefen Hennen quasi nie ihr Nest ernsthaft verteidigen, und durch die fast ständige Flucht vor dem Hahn auch ihrerseits leichter zum Opfer irgendwelcher Räuber werden können.

    Zu a) Ich hatte so einen Hahn.
    Der war richtig mega übersteuert, und es dauerte wirklich nicht lange, da gingen alle Hennen bereits auf 20 m rennen, wenn er um die Ecke kam. Hörte der im Stall eine Henne ei- gackern, sprintete er los, jagte die Henne und machte sich über sie her. Das fing bei der rangtiefsten an, und ließ nur die Ranghöchste aus, die ihn auch mit 11 Monaten noch verkloppte.

    Zu b) Obwohl er alle Hennen mehrmals am Tag durchnahm, und ich von einer breiten Palette Hennen brütete, hatte dieser Hahn nur exakt einen Nachkommen, was aufgrund der Farbe bestens erkennbar war. Und diesen auch nur von der Henne, die ihn sehr lange noch freiwillig ran ließ (bis am Ende auch sie flüchten ging, wenn er kam). Immerhin war dieser eine Nachkomme eine Henne, deren Linie mir bislang auch nur Gutes brachte in punkto Legeleistung, aber soviel zu der "Chancenerhöhung" wenn ein Junghahn salopp gesagt "Wilde Sau" spielt.

    Zu c) Das bewies ein ebenfalls sehr übersteuerter Niederrheiner Junghahn, der sich ebenfalls auf die rangniederste Henne versteift hatte. Als der an einem Tag bereits zum zehnten Mal auf der Henne hing, die schon kaum mehr Kraft hatte, vor ihm zu fliehen, habe ich ihn kurzerhand direkt von der Henne gegriffen, und 30 Sekunden später war er Geschichte. Diese Hähne haben nur Sex im Sinn und reagieren, wenn überhaupt, nur höchst paradox oder zögerlich auf Verfolgung. Steht man vor ihm und will ihn fangen, zum Stall treiben was auch immer, kapiert er das im Gegensatz zu normalen Hähnen nicht, und will noch dicht an einem vorbei zur Henne, die er gerade im Auge hat.

    Als ganz krasses Gegenteil hatte ich einen Italienermix- Junghahn, der bereits mit vier Monaten die Hennen begleitete, sehr ruhig und wachsam war und schon in dem Alter Wache stand, so dass die Hennen sich ganz dem ihren widmen konnten. Der Fortpflanzungserfolg gab ihm recht, von den in dem Jahr 17 aus eigenen Eiern gezogenen Küken waren sieben von ihm. Was sich an Kamm und Zehenanzahl ersehen ließ, aber auch der Farbe.

    Aus der Praxis heraus kann ich also sagen, dass (und nichts anderes ist es!) Vergewaltigung mitnichten die einzige sinnvolle Alternative für einen Junghahn ist, zumindest einmal Glück zu haben. Klar, er kann am nächsten Tag tot sein. Das ist aber gerade durch seine Art weitaus wahrscheinlicher, als wenn er die Sache ruhig und besonnen angehen würde. Womit Du völlig recht hast, ist das "Mitnehmen was geht" durch Althähne, die eine streunende, nicht zu ihnen gehörende Henne plusminus gewaltsam nehmen.
    Auch das jedoch nicht ohne "Aber": Selbst gewisse Haushuhnrassen, allen voran Kämpfer, dulden nur eine oder zwei Hennen, und greifen fremde Hennen kompromisslos an oder töten sie mitunter sogar... Auch das kann man also absolut nicht verallgemeinern. Mein Althahn ist da moderater, aber auch er duldet einige, vor allem als Erwachsene dazu gekommene Hennen nicht. Aus seiner unmittelbaren Nähe vertreibt er sie und lässt sie ansonsten in Ruhe, aber die Tendenz ist deutlich.
    Ich hatte 2019 von einer Henne eine Nachzucht, die ich jetzt anhand Fußfarbe deutlich dem Althahn zuordnen konnte. Die Mutterhenne kam als schon älteres, gebrauchtes Modell hier an, und er duldete sie auch nicht. Trat sie nicht, verjagte sie, und die allermeisten ihrer Eier waren von dem Zeitpunkt an unbefruchtet, wo keine Junghähne mehr mitliefen. Zwei Jahre hatte es gedauert, bis er sie doch soweit akzeptiert hatte, dass er doch mal drüber rutschte, und von "die Gelegenheit schnell nutzen" kann also nicht nur hier keine Rede sein.

    Zudem müssen wir bedenken, dass wir hier über Haushühner reden, und nicht über möglichst nicht in direkter menschlicher Umgebung lebende Bankivahühner. Hier sind allein durch die Domestikation bedingt wie quasi alle anderen männlichen Haus- und Nutztiere auch, die Hähne oft heillos übersteuert, weil virile Kerle- viel Nachzucht. Nicht zuletzt projizieren einige Züchter ihr Unvermögen auch auf ihre männlichen Tiere/ Hähne, und finden die potentesten die besten überhaupt... Das mag bei normalen Haushennen vllt. auch eine gute Strategie sein, aber sowie man Hühner mit Wildblut oder sehr ursprünglichem Blut hat wie ich, und auch Kämpfer sind noch sehr ursprünglich, beginnt die Sache, sich ganz anders darzustellen.
    Die Henne, die mein erwähnter erster Mega- Vergewaltigerhahn zunächst noch auf freiwilliger Basis hatte, war eine Maranshenne. Einer Rasse also, die durchaus für lebelustige Hähne bekannt ist, um es mal so zu sagen. Ich hatte noch eine weitere Maranshenne und zwei Hybriden, aber die Hybriden sind ohnehin Amazonen, die sich nicht jedem Kerl hingeben, und der große Rest meiner Tiere waren Javanesische Zwerge und deren Mixe. Sowie noch eine Zwergbrakel, die sich als ursprüngliche Rasse aber auch nicht übermannen ließ. Ich finde es bezeichnend, dass dem Hans Dampf in allen Gassen nur mit der Maranshenne seine einzige Nachzucht gelang, während alle anderen Hennen seinen Saft wohl einfach kurzerhand wieder ausschieden.

    Man kann also von Haushühnern sicher nicht ohne weiteres auf Wildhühner schließen, die Du sicherlich in Deiner Antwort bezeichnest. Auch nicht in Hinsicht auf die evolutionsbiologische Reproduktionsstrategie, weil der Mensch natürlich die fruchtbarsten Hähne zur Weiterzucht nahm. Wie auch bei allen anderen Haustieren, wo quasi alle Arten mindestens doppelt so viele Weibchen schaffen (sowie auch brauchen und wollen) wie ihre Wildart- Geschlechtsgenossen...
    Geändert von Kleinfastenrather (02.01.2020 um 22:25 Uhr) Grund: Bitte beim Thema bleiben!
    Habe gerade 1000 Kalorien verbrannt- Pizza im Ofen vergessen...

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