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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Justiz brütet über Hahnengekrähe (SZ)



Gast G
09.05.2016, 20:13
Der letzte Absatz ist richtig gut!!!!!!
http://www.sz-online.de/nachrichten/justiz-bruetet-ueber-hahnengekraehe-3391829.html

Brandenburg/Havel. 140 Hähne auf 300 Einwohner - im Dorf Zitz westlich von Berlin schallt es häufig Kikeriki. Doch was ist unter diesen Umständen „ortsüblich“, wenn es um Geräuschentwicklung geht? Das ist so eine der Kernfragen, mit denen sich das Amtsgericht der Stadt Brandenburg an der Havel auseinandersetzen muss.

Ein Nachbar will erreichen, dass Hobbyzüchter Reno Nerling seine Hähne - es waren zeitweise bis zu acht Tiere - zu bestimmten Zeiten nicht ins Freie lassen darf: und zwar werktags von 20.00 bis 8.00 Uhr morgens und an Sonn- und Feiertagen zusätzlich von 12.00 bis 15.00 Uhr. In der übrigen Zeit sollen höchstens zwei Hähne den Stall verlassen. Darüber hinaus fordert der Kläger, dass Nerling nur bis zu zwei Hühner halten darf, die nicht lauter als 55 Dezibel krähen dürfen.

Der zuständige Amtsrichter hat einen Beschluss gefasst und den - zur Verhandlung am Montag nicht erschienenen - „Streithähnen“ für die nächsten drei Wochen Aufgaben erteilt. Dem richterlichen Beschluss zufolge muss der Kläger nun nachweisen, wie viele Tiere sich zu welchen Zeiten in den vergangenen Monaten frei auf dem Hof aufhielten. Hobbyzüchter Nerling dagegen muss belegen, dass er das Geschrei des Federviehs nicht verhindern könne. Außerdem soll er den Nachweis erbringen, dass das Hahnengekrähe auf seinem Hof ortsüblich sei.

Selbst wenn die vom Hof ausgehenden Hahnenschreie ortsüblich sind, so der richterliche Beschluss, hat damit aber der Hobbyzüchter noch keinen Freifahrtschein: Es komme dann „entscheidend“ darauf an, ob dieser Lärm beseitigt werden könne, ohne den Züchter finanziell zu überfordern.

Der seit drei Jahren schwelende Rechtsstreit mutet kurios an: In dem kleinen Dorf Zitz gibt es laut Geflügelzüchterverein mehr als 140 Hähne. Nerling hat die Hähne und ihre Zucht von seinem Großvater übernommen. „Tiere gibt es schon seit Jahrzehnten auf dem Hof“, sagt er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Niemand von den 300 Einwohnern habe sich in früheren Jahren daran gestört. Zu dem Beschluss des Amtsrichters will er sich erst äußern, wenn er mit seinem Anwalt gesprochen habe.

Nach eigenen Worten ist Nerling dem Kläger schon weit entgegengekommen. So habe er seine Hühner der Rasse „Antwerpener Bartzwerg“ gegen die als ruhiger geltenden japanischen Zwerghühner „Chabos“ ausgewechselt. Die Klappe des Hühnerstalls sei mit einer elektronischen Vorrichtung versehen worden, die den Hühnern den Freigang morgens nicht vor 8.00 Uhr erlaube. Auf ein Gesprächsangebot im Schlichtungsverfahren habe der Kläger überhaupt nicht reagiert.

In dem Rechtsstreit hat sich die Lokalpolitik dann auch auf die Seite Nerlings geschlagen. „Für mich ist die Klage unerklärlich“, sagt Zitzs Ortsvorsteher Silvio Mehlhaase. In einem Dorf, in dem fast jeder Tiere halte, werde auch gegackert. „Jeder will Bio-Eier aus Freilandhaltung, dann müssen die Hühner auch aus den Ställen raus.“ Um dem Züchter den Rücken zu stärken, habe die Gemeinde Rosenau, zu der neben Zitz drei weitere Dörfer gehören, einstimmig beschlossen, die Nutztierhaltung in der Gemeindesatzung als ortsüblich festzuschreiben. (dpa)

majorlo
09.05.2016, 22:58
Das ist selten, dass die Lokalpolitik so einschreitet. Finde ich aber sehr gut und wäre öfters vonnöten.