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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die GEH informiert zur Vogelgrippe



tzoing
26.08.2006, 15:18
von Mathias Vogt (Vorsitzender der GEH) und Armin Six (GEH-Geflügelkoordinator)
22.03.2006

Auf grund verstärkter Nachfrage zur Thematik der Aviären Influenza (Vogelgrippe) möchten wir hier einige Informationen dazu bereitstellen, und hoffen, dass damit Unsicherheiten und unklar dargestellte Sachverhalte erläutert werden können. Leider hat auch die Fachpresse im Kleintiersektor (Geflügel-Börse, usw.) sowie eine Reihe von fachspezifischen Foren im Internet nur unzureichend und häufig sehr polemisch informiert und teils auch agitiert. Dadurch sind Unsicherheit und auch Panik bei Tierhaltern und bei den Bürgern entstanden. Diese übereilte und weitgehend unkoordinierte vorpreschende Darstellungsweise war wenig hilfreich. Auch die in dieser Presse bereitgestellten Fachinformationen zum Impfen der Tiere sind unvollständig und teils schlichtweg falsch.



Am häufigsten gestellte Fragen zur Vogelgrippe:


Warum ist die Vogelgrippe so gefährlich?

Influenzaviren, zu denen auch die Vogelgrippe (AI) gehört sind sehr anpassungsfähig. Sie können ihre Oberflächenstruktur immer wieder neu optimal an ihren potentiellen Wirt anpassen und damit ihr eigenes Überleben sichern. Das Virus der AI gehört zur Gruppe der Influenza A-Viren und verfügt über Änderungsmöglichkeiten im Hämagglutin-(H) und Neuraminidase-(N)- Oberflächenrezeptor. Danach werden die versch. Subtypen des Virus bezeichnet, u.a. auch H5N1, das zur Zeit so große Beachtung findet. In der Regel sind diese Subtypen besonders gut an eine bestimmte Tierart als Wirt angepasst. Dass viele Arten betroffen sind, wie derzeit bei H5N1 ist eher selten. Vom Subtyp H5N1 gibt es außerdem versch. Varianten, die gering oder hoch pathogen sind und nur mittels aufwändiger molekular-biologischer Methoden voneinander unterschieden werden können. Vom hoch pathogenen Virus H5N1 gibt es auch gering pathogene Varianten, die schon seit einigen Jahren sporadisch gefunden wurden. In Deutschland wurde das Virus bis zum Auftreten auf der Insel Rügen nie festgestellt. Es wurde aber auch nicht gezielt danach gesucht.

Das Virus H5N1 ist bei kalten Temperaturen und feuchter Witterung deutlich länger überlebensfähig als bei Temperaturen über 20 ° Celsius.



Wie wird die Vogelgrippe verbreitet?

Die Verbreitung kann über Zugvögel erfolgen. Ebenso ist die Verbreitung über Importe von Geflügel und von Geflügelprodukten möglich. Dazu gehört auch der Import von Wild- und Ziergeflügel. Infektiös ist der Kot erkrankter Tiere. Ebenso ist eine Infektion z. B. von Raubvögeln (Greife, Möwen, Rabenvögel, etc.) und Fleischfressern (Katzen, Marder) möglich, die sich von Aas bzw. Vögeln als Beute ernähren. Dabei sind Katzen (zuerst in Südostasien) und Marder (auf Rügen) jetzt weltweit erstmals als erkrankte Säuger nachgewiesen worden. Eine Verbreitung über die technische Verschleppung (Kraftfahrzeuge, Kleidung, Schuhe) ist wohl zu vermuten aber nicht sicher nachgewiesen.



Welche Tierarten können erkranken?

Besonders anfällig sind Hühner und Puten für die AI. Wasservögel wie Enten und Gänse erkranken eher seltener, sind aber mögliche Trägertiere. Greifvögel und andere fleischfressende Vögel können durch infizierte Beutetiere erkranken. Tauben und viele Kleinvögel scheinen nach derzeitigem Kenntnisstand für das Virus wenig empfänglich bzgl. Erkrankung zu sein. Sie sind als Überträgertiere aber theoretisch möglich. Alle Wildvögel können potentiell Trägertiere sein, müssen aber nicht erkranken. In Verbindung mit Nahrungsmangel zum Winterende sind aktuell auch Arten (Schwäne, Enten) betroffen, die nach bekanntem Wissensstand eigentlich nicht erkranken. Nach neuesten Ergebnissen sind jetzt erstmalig mit Katzen und Marder Säugetiere erkrankt. Über Vögel als Beutetiere hat hier eine Infektion stattgefunden.



Ist der Mensch gefährdet?

H5N1 ist eine Tierseuche. Menschen können nur bei intensivem Kontakt mit erkrankten Tieren erkranken. Der intensive Kontakt mit Blut und Kot kann hier relevant sein. Betrachten muss man in diesem Zusammenhang, dass jedes Jahr etwa 8000 bis 10000 Menschen an der humanen Grippe erkranken.



Dürfen Geflügelprodukte noch verzehrt werden?

Ja, wenn sie hygienisch zubereitet und thermisch aufbereitet werden. Fleischprodukte also gekocht und/oder gegart, sowie Eier und deren Produkte ebenfalls.



Wie können Geflügelbestände geschützt werden?

Die Bestände des Hausgeflügels können derzeit nur durch Unterbindung des Tierkontaktes mit Wildvögeln geschützt werden. Jeglicher unnötige Tierverkehr ist zu vermeiden. Dabei ist im Moment die Abschottung der Tierbestände bzgl. Tier- und Personverkehr die einzige Möglichkeit.



In Frankreich und den Niederlanden wird geimpft. Warum nicht auch bei uns?

In Frankreich werden Tierbestände in drei Bezirken, wo ein besonders starkes Aufkommen an Zugvögeln zu erwarten ist, geimpft. In den Niederlanden werden Geflügelbestände in Auslaufhaltungen und Kleinbestände bis 200 Tiere geimpft. Das Problem ist, dass mit diesen Teilimpfungen ein Flickenteppich geimpfter und ungeimpfter Bestände entsteht, der nur sehr schwer zu kontrollieren ist. In Deutschland ist frühestens im Jahr 2007 ein Impfstoff mit Markereigenschaften verfügbar. Es gibt unterschiedliche Informationen welcher Impfstoff zur Zeit verfügbar ist, und ob er wirklich wirksam die Tiere schützen kann. Die Informationen zu Impfstoffen sind derzeit sehr widersprüchlich.



Hilft eine Impfung der Geflügelbestände?

Die derzeit zur Verfügung stehenden Impfstoffe schützen nicht zu 100% wirksam vor H5N1. Diese Impfstoffe basieren auf dem weniger agressiven Virus H5N3, dass für die Ausbrüche der AI im Jahr 2003 (das war H7N7) verantwortlich war. In der Wirksamkeit wird mit diesen Impfstoffen nur ein unvollständiger Schutz erreicht. Geimpfte Tierbestände werden im Verdachtsfall ebenfalls gekeult. Es wird bei geimpften Tierbeständen die Gefahr gesehen, dass diese Tiere nicht von erkrankten Tieren unterschieden werden können, und geimpfte Tiere das Virus verbreiten können, ohne selbst zu erkranken.



Hilft eine Impfung der Geflügelbestände?

Grundsätzlich ja, wobei die derzeit vorhandenen Impfstoffe keinen 100 %igen Schutz gewährleisten. Diese Totimpfstoffe basieren auf den Varianten H5N2 und H5N3. Die Impfung wird momentan von der Geflügelwirtschaft blockiert, um dann eintretende Handelsbeschränkungen zu vermeiden. Für Zoo- und Hobbytiere jedoch sollte eine Impfung unbedenklich sein, da diese nie in den kommerziellen Handel gelangen. Deshalb wird derzeit über eine Impfung für solche Tiere nachgedacht. Sie wäre jedoch nur sinnvoll, wenn diese Tiere im Verdachtsfall nicht vernichtet würden, was aber momentan nicht garantiert werden kann. Mittlerweile setzen sich auch führende Vertreter aus Wissenschaft und Politik für eine Impfung ein, so z.B. der Leiter der Virologie der Universität Marburg, Prof. Dr. Klenka sowie die ehemalige Landwirtschaftsministerin von NRW, Bärbel Höhn. Von Seiten der Impfgegner wird angeführt, dass geimpfte Tiere nicht von erkrankten unterschieden werden können, wodurch sich das Virus unerkannt verbreiten könnte. Dem ist entgegen zu halten, dass die Verbreitung der Krankheit sehr wohl registriert werden kann, sofern einige Tiere eines jeden Bestandes ungeimpft bleiben, die im Infektionsfall erkranken und die Ausbreitung der Krankheit anzeigen. Auch würde die Infektionskette unterbrochen, wenn alle Tiere geimpft sind.

Solange jedoch die entsprechenden Rahmenbedingungen nicht geschaffen sind, ist eine Impfung nicht möglich und auch nur bedingt sinnvoll.



Was können die Züchter tun?

Wichtig ist, nun nicht aufzugeben und sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen. D.h. züchterisch wertvolle Alttiere zu sichern und die Anzahl der Nachzucht der Stallkapazität anzupassen. Denn ist durchaus wahrscheinlich, dass die Stallpflicht über den 30. April hinaus verlängert wird. Auch ist nicht auszuschließen, dass uns dieses Geschehen noch mehrere Jahre begleitet. Nur durch Kontinuität und Durchhaltevermögen kann verhindert werden, dass manche Rassen ganz verschwinden. Hier haben die Rassegeflügel- und Erhaltungszüchter die besondere kulturhistorische Aufgabe, dafür zu sorgen, dass unsere Rassen auch der Nachwelt erhalten bleiben.

tzoing
26.08.2006, 15:24
Die Bestände des Hausgeflügels können derzeit nur durch Unterbindung des Tierkontaktes mit Wildvögeln geschützt werden.

[ironiemodus ein]stimmt genau, denn schließlich war der einzige Fall von H5N1 bei Nutzgeflügel ja bei den armen Puten, die ständig mit den Wildvögeln im Freiland waren ....[ironiemodus aus]
Bei so einem Schmodder hab ich einen Halsumfang von 125 cm!!! >:(

witte5
26.08.2006, 15:38
tzoing, darauf hab ich auch gerade rumgekaut.

Um unseren Halsumfang zu erweitern:


Dabei ist im Moment die Abschottung der Tierbestände bzgl. Tier- und Personverkehr die einzige Möglichkeit.

Im Klartext: Nicht einmal der Halter darf mehr in den Stall ??? :o

Oder bin ich keine Person, die dort verkehrt ???
Was soll so ein Quark ??? >:(

corinna
27.08.2006, 11:45
Die derzeit zur Verfügung stehenden Impfstoffe schützen nicht zu 100% wirksam vor H5N1. Diese Impfstoffe basieren auf dem weniger agressiven Virus H5N3, dass für die Ausbrüche der AI im Jahr 2003 (das war H7N7) verantwortlich war.

Ist doch immer wieder schön, wenn jemand mit so viel Fachwissen sich äußern darf, Glückwunsch!


Hier haben die Rassegeflügel- und Erhaltungszüchter die besondere kulturhistorische Aufgabe, dafür zu sorgen, dass unsere Rassen auch der Nachwelt erhalten bleiben.
Der einzige Punkt, dem zuzustimmen ist.


Dabei sind Katzen (zuerst in Südostasien) und Marder (auf Rügen) jetzt weltweit erstmals als erkrankte Säuger nachgewiesen worden.
Nunja, wenn man bedenkt, dass ein Menschenleben im Vergleich zur
Erdgeschichte ein Wimpernschlag bedeutet, ist die Zeitspanne von
2004 (Tieger mit infiziertem Taubenfleisch gefüttert, Indonesien, Zoo)
wohl gerade jetzt.

Grüße Corinna,

die dem Herrn jetzt mal das a am Ende des Namens von Professor Klenk entfernen möchte.

corinna
27.08.2006, 17:08
Vogelgrippe belastet Märkte (http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=203855&_t=ft&_b=1048883)


Na bei diesem Artikel geht mir doch im Zusammenhang mit dem GEH-Artikel das Herzchen auf, glaubt wirklich einer, wenn wir still und stumm,
die ganzen Auflagen ertragen würden, wären wir besser gestellt?

Mit freuden spreche ich im supermarkt Geflügelfleischkäufer an, na wer taut das Hähnchen auf, ziehn sie Streichhölzchen, denken Sie dran 70 oC, in Gesprächen betone ich immer wieder, kaufen Sie beim Kleinerzeuger, der kennt seine Tiere, wer weiß, wo diese Ware herkommt. Langsam gewinnt die Panik genannte Aufklärung einen wirtschaftlichen Aspekt, und davor haben sie Angst. Und das müssen wir genauso ausbauen, wie Imker oder Genmaisgegner.
LG Corinna