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Jutta
30.11.2005, 09:05
Neues aus der Forschung...
interessanter Artikel....! :)




29.11.2005 · 16:35 Uh

Schutzanstrich gegen Kuckuckseier

Biologen untersuchen Pigmentierung bei Eiern exotischer Vögel
Von Michael Stang

Biologie.

- Kuckuckseier sind eine Gefahr für brütende Vögel. Bemerken sie das untergeschobene Ei nicht, ziehen sie unwissentlich Nachwuchs heran, der nicht ihr eigener ist. Wie sich dieses Phänomen im Hinblick auf die Evolution ausgebreitet hat, hat ein amerikanischer Forscher untersucht, der seine Ergebnisse im Fachblatt PNAS vorstellt.

Der Wettkampf zieht sich schon seit Jahrtausenden hin. Kuckuck gegen Dorfweber. Beide Vögel wollen Nachwuchs in die Welt setzen, beide bedienen sich aber einer anderen Methode. Während der Dorfweber mühsam ein Nest baut, seine Eier legt und sie ausbrütet, macht es sich der Kuckuck leichter. Der Parasit brütet bekanntlich seine Eier nicht selber aus, sondern schiebt sie anderen Vögeln unter, in Afrika vorzugsweise dem Dorfweber. Der kleine Kuckuck schlüpft zeitlich vor den Webervögeln und wirft ein Ei nach dem andern aus dem Nest. Die Webervögel müssen - um ihren Nachwuchs zu beschützen - in der Lage sein, ihre Eier von den Kuckuckseiern zu unterscheiden.

Im Laufe der Evolution haben sich deshalb die Eier der Dorfweber in der Farbe und im Muster verändert. Je unterschiedlicher die Eier aussehen, umso schwieriger ist es für den Kuckuck, diese Eier zu imitieren und umso höher ist der reproduktive Erfolg der Webervögel.

Sagt David Lahti von der Universität von Massachusetts. Im Laufe der Zeit sind so verschiedene Farben und Farbmuster auf den Eierschalen entstanden. Der Biologe wollte herausfinden, wie die Eier wohl aussehen würden, wenn es keinen Kuckuck gäbe. Würden die Eier der Dorfweber dann immer noch verschiedene Muster und Farben aufweisen?

Diese hypothetische Frage konnte der Biologe beantworten, denn zwei einzigartige historische Ereignisse ermöglichten dieses Szenario vor rund 100 beziehungsweise vor 200 Jahren. Damals wurden sowohl in der westindischen Insel Hispaniola als auch auf Mauritius die Dorfweber heimisch.

Die Vögel kamen mit Sklavenschiffen aus Senegambia, einem Kolonialgebiet in Französisch-Westafrika. Vor allem männliche Webervögel kamen dadurch nach Hispaniola, da französische Damen sie wegen ihres Gesanges und des prächtigen Federkleides schätzten. Ab und zu sind aber ein paar Vögel ausgebüchst. Heute sind sie dort weit verbreitet. Die Vögel in Mauritius stammen aus Südafrika und kamen 1886 mit einem Schiff in diese Gegend. Bei der Überfahrt zerbrach ein Käfig und alle sechs Vögel konnten fliehen. Diese waren die Gründerpopulation aller heute auf Mauritus lebenden Webervögel.

Weder auf Hispaniola noch auch Mauritius kennen die Vögel einen Parasiten wie den Kuckuck. Aber reichte die kurze Zeit von 150 Generationen auf Hispaniola und die gerade einmal 75 Generationen auf Mauritus aus, damit sich Eier veränderten? David Lahti untersuchte die Eier auf beiden Inseln und konnte drei wichtige Unterschiede ausmachen.

Der erste ist, dass sich die Eier innerhalb einer Population farblich weniger unterscheiden; der zweite ist, dass auch die Farbe der Musterung weniger wurde. Der dritte Aspekt war, dass generell auch weniger Eier überhaupt gemustert waren, sowohl auf Hispaniola als auch auf Mauritius.

Für solche unterschiedliche Färbungen gibt es meist nur zwei Gründe: Entweder sind die Eier dadurch in der Umgebung besser getarnt oder die Eltern können ihr Nest leichter finden, wenn sie in Kolonien brüten. In diesem Fall ist aber etwas ganz anderes und außergewöhnliches
passiert: Normalerweise verändert sich ein Merkmal - in diesem Fall Farbe und Muster der Eierschale - im Licht der Evolution immer nur in eine Richtung. Bei diesen Vögeln konnte David Lahti aber genau das Gegenteil feststellen: eine Art ungekehrte Selektion, die Farben und Muster entwickelten sich zurück. Normalerweise forciert etwas eine evolutive Veränderung, es kommt zu einer Verstärkung eines Merkmals. Hier fehlte aber eine solche Verstärkung in Form des Kuckucks und trotzdem änderte sich das Merkmal.

Das war sehr überraschend. Ich hatte zwar einige Veränderungen bei den Eiern erwartet, hätte aber nie gedacht, dass sie so gravierend sein könnten. Die Veränderungen in Hispaniola waren schon extrem, da war ja auch mehr Zeit, aber selbst in Mauritius veränderten sich die Eier extrem schnell.

Eine solch gravierende Änderung bezeichnen Experten meist als Gründereffekt. Die ersten Vögel auf den Inseln waren wegen ihrer geringen Anzahl kein repräsentativer Durchschnitt der Vogelpopulation, sondern nur ein kleiner Teil. Dadurch ist der Genpool viel kleiner und
genetische Veränderungen passieren schneller.

Die Eier beider Inseln unterscheiden sich genau in dem Maße, wie es im Nachhinein logisch erscheint: Während die Eier auf Mauritius noch doppelt so stark gemustert und gefärbt waren, gab es auf Hispaniola nur noch halb so viele Farben und Muster. Das entspricht etwa der Zeit, die die Vögel bereits ohne die Gefahr von Kuckuckseiern gelebt hatten.


Grüssle
Jutta