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ricardoonline
06.09.2010, 20:41
Hallo,

ich bin neu hier im Form und bitte um Eure Nachsicht.
Ich bin Vorsitzender der Kinderhilfsorganisation Kinder Afrikas e.V. (www.kinder-afrikas.de), die in Liberia Schulprojekte unterstützt.

Neben dem Bau von Schulen wollen wir in diesem Jahr auch eine Hühnerfarm als Ausbildungs- und ernährungsprojekt starten.

Nun meine Frage: Welche Hühnerrasse würde sich am besten (oder ehesten) für das tropische Klima in Liberia (Westafrika) eignen. Es soll eine Rasse sein, die sowohl zur Eierproduktion als auch zum Schlachten geeignet ist.

Über Eure Rückmeldungen freue ich mich,
Richard

Murmeltier
06.09.2010, 21:09
Wahrscheinlich spanische und italienische Rassen werden warmes Klima besser ertragen, aber tropische... ?
Ich halte Australorps und finde diese Rasse ist sehr robust und produktiv, stammt aus Australien. Dort gibt es auch zimlich warme Regionen.
Wielleicht werden Kreuzungen aus produktiven europeischen Rassen und im Liberia beheimateten Landhühner (gibt es dort Hühner?) am bessten mit Klima fertig werden.

ricardoonline
06.09.2010, 21:24
Hallo Murmeltier,

Liberia hat zwei Jahreszeiten: eine Trockenzeit und eine Regenzeit. In der Trockenzeit wird es sehr warm und in der Regenzeit ist es entsprechend sehr nass. Es schüttet förmlich wie aus Kübeln.

Bei meinen Besuchen sind mir schon vereinzelt Hühner aufgefallen, aber ob die auch Eier legen bezweifle ich eher. Das waren sehr magere Gestalten. Es gibt bisher nur eine Hühnerfarm im Land, die von einem ehemaligen korrupten Minister aus der Bürgerkriegszeit betrieben wird. Ich weiß nicht welche Rassen der verwendet und kann es auch nicht wirklich in Erfahrung bringen lassen. Mit diesme Mensch will man nichts zu tun haben.

Somit ist Hühnerhaltung in Liberia - zumindest nach dem Bürgerkrieg - ein neues Thema.

Richard

Murmeltier
06.09.2010, 21:34
Nach meinen Erfahrungen mit deutschen Rassen Bielefelder und Niederrheiner, kann ich sagen das diesen Rassen Hitze schlecht ertragen. Australorps hatten es wiel besser verkraftet, ob es für Liberia reicht kann ich aber nicht sagen. Es gab hier ein User aus Australien, wielleicht wird es sich mal melden.

mopsmeier
07.09.2010, 00:37
hier in algarve ist es auch im sommer sehr heiß (bis 40 grad celsius) und im winter sehr nass. viele leute hier halten die cou nú - wir auch - weil sie sehr robust sind und die hitze besser vertragen. es ist eine wildhuhnrasse, aber sie legen auch ganz gut. sehen allerdings gewöhnungsbedürftig aus :)

Saatkrähe
07.09.2010, 01:50
Hallo Richard - herzlich willkommen! :)

Ich kann jetzt auf Anhieb auch nichts Gescheites beitragen - ich denke aber mal laut nach... Es sollte keine überzüchtete Rasse sein, auch keine mit Federn an den Füßen. Lieber ein mittelschweres Huhn ohne Schickimickies. Also ein Zwiehuhn, das gut legt und auch mal nen anständigen Braten abgibt - welches normal brutfreudig ist und nicht allzu lebhaft. Du kannst Dich ja auch für mehrere Rassen entscheiden und den Beginn als Testlauf planen. Gibt es denn dort jemanden, der/die sich mit Hühnern auskennt ? Das wäre von Vorteil. Ansonsten gibts ja das Forum :)

Dazu fallen mir folgende Zwiehuhnrassen ein:

Vorwerk http://www.vieh-ev.de/Rassen/Gefluegel/vorwerkhuhn.html (weniger brutfreudig)

http://www.indiez.de/html/gefluegel/Vorwerkhuehner.html

Deutsche Langschan http://www.vieh-ev.de/Rassen/Gefluegel/langschan.html

http://www.indiez.de/html/gefluegel/DeutscheLangschan.html

Amrock http://de.wikipedia.org/wiki/Amrock

http://www.indiez.de/html/gefluegel/Amrocks.html

Bielefelder Kennhuhn http://www.indiez.de/html/gefluegel/BielefelderKennhuehner.html

http://www.rgzvereine-kv-herford.de/zuechter_und_rassen/huehner%20+%20%20tauben/huehner/bielefelder_kennhuehner.htm

Kann hier jemand was dazu sagen, wie bei den genannten Rassen die Brutfreudigkeit aussieht ? Ich meine, daß die alle den Winter durchlegen. Da Liberia in Äquatornähe liegt, wird es dort im Sommer wohl so gegen 18:30 h dunkel und im Winter ne Stunde früher ?? Also gäbe es von daher nur geringe Lichtschwankungen.

Sicher kommen noch mehr Zwiehuhnrassen hier zusammen. Ich bin da nicht so bewandert.

Murmeltier
07.09.2010, 07:11
Wie werden die Hühner eigentlich gehalten?
Sollen die ihre Futter zum Teil selber suchen?
Gibt es die Möglichkeit auf Hochwertige Futter zu kommen?
Hochproduktive Rassen brauchen gutes Futter, wenn es damit nicht so gut aussieht, ist die Idee von mopsmeier mit Cou nú gar nicht schlecht, finde ich.

Wontolla
07.09.2010, 09:23
Es gibt Rassen wie die Ayam Cemani, die brauchen tropisches Klima.
Für wirtschaftliche Hühnerhaltung eignen sich wohl am besten (wieder mal) Hybriden aus thailändischer Herkunft von CP (Charoen Pokphand) und die Trennung von Eier- und Fleischproduktion.

Bedenklich sind aber die weltweiten Überkapazitäten und Überschüsse der Global Player. Diese überfluten die Märkte jener Länder, die über keine global wettbewerbsfähige Geflügelwirtschaft verfügen, mit billigen Teilstücken. Damit wird jede lokale Geflügelproduktion vom Markt verdrängt. Kleinhaltungen werden unwirtschaftlich und Entwicklungsprojekte müssen kurzfristig scheitern. Der Ausbildungswert solcher Projekte kann dann nur nostalgische Dimensionen annehmen.

Dawn
08.09.2010, 09:17
Hallo Wontolla!
Tschuldige, dass ich mich jetzt als Nochnichthühnerhalter einmische....
Ich denke, in Liberia wirds bei diesem Projekt wohl nicht um die große Wirtschaftlichkeit mit ganz viel Profit gehen, sondern darum, dass den einzelnen Familien letztlich aus ihrer irren Armut rausgeholfen wird. Dieses Schulprojekt wird sich schon selbst tragen müssen, klar und vielleicht noch die angebaute Schule ergänzen.
Aber Menschen, die keine Ahnung von Kleintierhaltung haben, müssen da auch geschult werden, damit demnächst die Hühner nicht mehr so halb verhungert rumrennen müssen, sondern der Bevölkerung zu mehr als nur einem Willkommensgeschenk für Gäste dienen.
Möge Richard meine Gedanken korrigieren, falls ich da falsch liege!
Von Ö aus werden demnächst auch einige landwirtschaftliche Projekte in engster Zusammenarbeit mit einer einheimischen Organisation geplant.

Wontolla
08.09.2010, 10:39
Illusionen, weiter nichts. Leider. :(

Hühnerhaltung ist für Afrika nichts neues.
Südlich der Sahara war bis zum Exportboom aus Europa die Hinterhofhaltung von Hühnern, ergänzt um kleine gewerbliche Züchter im Umfeld von Städten, die übliche Wirtschaftsform in der Geflügelwirtschaft. Das Hinterhofhuhn, das lebend vermarktet wurde, sicherte Millionen kleinbäuerlichen Familien einen wichtigen Teil ihres Einkommens. Die Hühnerhaltung war wegen des kurzen Produktionszyklus eine der wenigen möglichen „unternehmerischen“ Tätigkeiten.
Der Export von in Europa nicht vermarktbaren Schlachtkörpern und Hühnerteilen, der Ende der 90er-Jahre begann, hat zu desaströsen Entwicklungen in ganz Westafrika geführt.
Bis das, ursprünglich tiefgekühlte, Fleisch von den Häfen in die Küchen der Bevölkerung gelangt, ist es häufig verdorben. Dennoch ist das importierte Hühnerfleisch für die arme Bevölkerung verlockend, weil es zum halben Preis der lokalen Produktion und zudem in kleinen Stücken gekauft werden kann. Ein ganzes Huhn können sich viele gar nicht oder nur einmal im Jahr zu einem grossen Fest leisten.
Der Bevölkerung in Liberia fehlt nicht das Know-How der Hühnerhaltung. Ihnen fehlt die Chance ihre Produkte zu vermarkten. Blauäugige Wohltatsmaßnahmen können das nicht ändern, weil die Entsorgung der Überschußproduktion und der nicht vermarktbaren Schlachtkörper und Hühnerteile, über einen Almosenpreis, in Westafrika billiger ist, als die Entsorgungskosten in Europa wären.
Moralapostel mögen es wohlwollend sehen, dass Hühnerfleisch, zu einem Bruchteil der Erzeugerkosten, an die ärmsten Länder abgegeben wird. Realisten nehmen die Millionen zerstörter Existenzen ohnmächtig zur Kenntnis.

Darum werden Hühner in Liberia auch in Zukunft halbverhungert rumrennen müssen, wenn überhaupt noch.

Murmeltier
08.09.2010, 12:53
In ländlichen Gebiten kommen aber Menschen nicht so leit an unseren billige Abfälle, oder?
Da soll uns ricardoonline erst genau erklären, was er vor hat.

ricardoonline
08.09.2010, 19:30
Hallo Wontolla!

Du hast schon Recht, dass bei dem Projekt die Profiterzielung nicht im Fordergrund steht, obwohl sich das Projekt natürlich selbst tragen und für die Ernährungssicherheit des Waisenhauses beitragen soll.

Know-How ist in Liberia tätsächlich keines Vorhanden ... aber das ist nach einem langen Bürgerkrieg eine andere Diskussion, die uns vor allem auch bei der "Lehrerfrage" beschäftigt. Zu den Hühner möchte ich nur erwähnen, dass es nur EINE Hühnerfarm in Liberia gibt. Fast alle Eier werden importiert und kommen wie fast alles aus dem Libanon.

Soviel ich weiß werden werden Schlachtabfälle nicht nach Liberia geliefert. Dafür gibt es auch keine Infrastruktur. Man darf nicht vergessen, dass es ein Land ist, dass vom Bürgerkrieg komplett zerstört wurde und sich (unter Mithilfe einer großen UN-Mission) langsam wieder erholt. Daher sind Aufbau- und Ausbildungsprojekte unerlässlich.

Unsere Projekte haben immer einen wesentlichen Ausbildungsaspekt, da wir nur Hilfe zur Selbsthilfe leisten wollen. So sollen Menschen in Hühnerhaltung und Zucht ausgebildet werden, die am Ende der Ausbildung einen kleine Eigenbestand an Jungtieren für ihren eigenen Start bekommen. Von der Fleischproduktion wird kaum etwas auf dem Markt landen, da dies für das Waisenhaus vorgesehen ist. Die Eier werden wohl schon zum Großteil verkauft.

Die Größe des Projekts ist übrigens folgendermaßen angedacht. Es sollen ca. 250 Lege-Hennen für die tägliche Eierproduktion sorgen und weitere 250 Hühner eine wöchtentliche Schlachtung von 20 Tieren ermöglichen. Da sich der Bestand selbst ergänzen/erhalten soll, wäre eine Rasse gut, die sowohl gut Eier legt, aber auch etwas Fleisch ansetzt. Man darf wohl hier keine europäischen Maßstäbe ansetzen.

@Murmeltier: Die Tiere werden in Freilandhaltung (natürliche mit festem Hühnerstall) gehalten und werden gefüttert. Wir arbeiten gerade an einer Studie über die in Liberia verfügbaren Futtermittel. Hier werden wir mit Landwirten zusammenarbeiten, da 500 Tiere schon eine ganze Menge fressen.

Madchook
10.09.2010, 08:12
Hallo Ricardo,

ich halte meine Australorps in subtropischem Klima in Australien, und hatte bisher keine Probleme. Inwieweit das Kilima in Liberia aehnlich ist, kann ich leider nicht beurteilen, aber wir hatten letzten Sommer bis zu 40 Grad bei hoher Luftfeuchtigkeit, und die beiden Aussies haben das ganz gut weggesteckt. Denen wars zwar warm, aber die Hitze hat sie nicht vom Eierlegen, noch von sonstigem normalen Huehnerverhalten abgehalten.

Nicht, dass ich meine eigenen Maedels jemals essen wollte, aber Australorps gelten als sowohl gute Eierleger als auch Schlachttiere.

Gruss,
M

Waldfrau2
12.09.2010, 16:20
Hallo Ricardo,

ich habe auf Eurer Seite gesehen, daß Wiesenhof an einem Hühnerhof-Projekt beteiligt ist. Ist das Euer Hühnerhof? Mich würde mal interessieren, was Wiesenhof da so macht.

lakimeier
12.09.2010, 20:02
@ricardoonline Also was du suchst schein mir die Eierlegendewollmilchsau zu sein. Alle alte Rassen kommen mit schwierigem Klima zurecht und brauchen wenig Futter, weil haben sich Jahrhunderte lang auf den Äckern alles selbst suchen müssen. Wo noch auf Leistung gezüchtet wird ist das für euch praktikabel. Habe aber mal durchgerechnet bei 250 Tieren 20 pro Woche schlachten ist nicht praktikabel weil die Nachzucht dann erst 12-13 Wochen ist, somit weder schlacht noch legereif. Kann man mit Masthähnchen nicht vergleichen. Die Eier würde ich übrigens lieber für den Eigenbedarf nehmen, ist ja auch Nahrung. Und 1x im Monat Hähnchen ist besser als gar kein Fleisch ;)

ricardoonline
13.09.2010, 11:06
@Waldfrau2: Ja, Wiesenhof hat einen Teil der Finanzierung gesponsert, aber leider keine Erfahrung mit Geflügelzucht in Afrika.

Die Eierlegendewollmilchsau wäre schon prima, aber wir müssen wohl eher eine Kompromiss-Rasse finden.

Wontolla
13.09.2010, 11:28
Wiesenhof? Sind das nicht die selbstlosen Europäer, die in Westafrika die lokalen Märkte mit ihren gut gemeinten Almosen ruiniert haben?
Das ist aber nett, dass die sich auch karitativ engagieren.

Aber wenn jemand die Eierlegendewollmilchsau züchten und vermarkten kann, dann der Herr Wiesenhof oder sein Bruder.

Saatkrähe
13.09.2010, 15:39
Original von ricardoonline
@Waldfrau2: Ja, Wiesenhof hat einen Teil der Finanzierung gesponsert, aber leider keine Erfahrung mit Geflügelzucht in Afrika.

Darum haben sie sicher einen Teil mitfinanziert. Man will ja später dann auch Zugang zu brauchbaren Erfahrungswerten haben :laugh;)


Die Eierlegendewollmilchsau wäre schon prima, aber wir müssen wohl eher eine Kompromiss-Rasse finden.

Wie bereits erwähnt - bei so vielen Tieren wären ja auch mehrere Rassen möglich. Außerdem könnt Ihr in der selben Zeit Erfahrungen sammeln, welche Rassen sich besser eignen für Eure Zwecke.
Zu Hybridhühnern würde ich auf keinen Fall raten. Die sind viel zu anfällig und damit das Risiko zu groß. Ich würde zu alten Landhuhnrasse raten, die nicht überzüchtet sind. Das sind meist gute Futtersucher und die Hennen wissen noch, daß und wie sie zu brüten haben.

Waldfrau2
13.09.2010, 19:20
Ich glaube, wenn Wiesenhof denken würde, daß es mit Hybridhühnern geht, wären schon längst welche da. Sie scheinen irgendwas anderes mit dem Sponsoring zu bezwecken.

Saatkrähe
13.09.2010, 22:30
Ja - *grübel* Ich frage mich auch, womit Hühner in Afrika überhaupt ernährt werden/sollten.

Hybriden brauchen teures Spezialfutter. Schon darum lohnt es sich wohl für Wiesenhof & Co nicht.

Aber auch echte Hühner... was gibt man denen dort ??