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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : aggressive Hühner



lean87
28.09.2005, 13:12
Hallo

Eines von den Küken letztes Jahr ist jetzt zur Junghenne gereift, die eigentlich ganz normal ist, außer, dass sie manchmal irgendwie Anfälle bekommt.

Beispiel:
Sie ist lieb, lässt sich streicheln, von einer Sekunde zur anderen pickt sie wie wild und sträubt ihr Federn...........dabei weiß sie doch, dass ich ihr nichts tun würde!
Ist das noch normal??
Ich mache mir nur Sorgen, weil eines ihrer Nachkommen dieses Jahr genauso aggressiv reagiert (auf Schuhe und Gummistiefel picken sie wie wild!)
Hält man sie dagegen erst einmal auf dem Arm sind sie ganz lieb!

Kann so ein Verhalten vererbar sein?

Gast
28.09.2005, 14:43
aggressivität ist vererbbar. insbesondere in fall von inzucht was ja bei den meisten hühnerhaltern so ist, oder tauscht jemand jährlich seinen Hahn aus?

aber bei deiner schilderung ist die frage ob es sich nicht doch um einen krankheitsfall handelt bei der junghenne. da würde ich mal nen doc fragen gehen.

apfel7
28.09.2005, 19:15
hallo..
hast du das tier mal genau angekuckt dass sie evtl. was auf der haut hat oder verletzungen wo ihr weh tun dass sie sich deswegen wehrt und hackt ? ich habe auch so eine aggressive henne, die hat aber eine ueble vorgeschichte von ihrem besitzer, der sie mithandelt hat, und nun hackt sie alles was ihr zu nah kommt und beisst um sich. und schreit wie am spiess als ob man ihr weh tut wenn man sie nur streichelt. schau mal auf wunde stellen oder irgendwelche kleinigkeiten unter dem federkleid. vielleicht liegt auch da die lösung, von jetzt auf nachher wird kein tier grundlos bösartig.
gruss andrea

PeterW
29.09.2005, 10:04
Hallo,

Aggressivität ist nicht genetisch vererbbar sondern "erlernbar", auch wenn es noch so oft behauptet wird.
Vererbt werden Anlagen in einer gewissen Bandbreite, die je nach Umweltbedingungen in alle mögliche Richtungen ausschlagen kann.
Mit Inzucht hat das auch nichts zu tun, höchstens in dem maße, dass Jungtiere, die bei den gleichen Eltern aufwachsen, auch ähnliche Verhaltensweisen entwickeln.
Das von learn geschilderte verhalten ist nichts aussergewöhnliches und entspricht dem normalen Verhalten von Hühnern: alles Interessante wird bepickt, je geheimnissvoller je oller ;)
mfg Peter

Gast
29.09.2005, 10:10
das bedeutet ein hahn einer entsprechenden kampfhuhnrasse der in der gemeinschaft von z.b seidenhühner aufwächst wird sich friedlicher verhalten wenn er auf einen anderen hahn trifft? das glaube ich nicht. aber formulieren wir es anders: die anlage zur aggressivität wird vererbt. in welchem umfang sie dann hervortritt ist etwas anderes.

Gast
29.09.2005, 10:16
Genetische Faktoren der Aggression

Die Neigung zur Aggression wird zumindest teilweise von Generation zu Generation weitergegeben, allerdings bleibt offen, ob durch Vorbild bzw. Erziehung oder Vererbung. Martin Teicher (Harvard Medical School) hat im Scientific American (Heft 3, 2002) von Untersuchungen berichtet, in denen sich zeigte, daß Hippocampus und Amygdala bei Personen kleiner sind, die in ihrer Kindheit mißhandelt oder mißbraucht wurden. Offenbar verändert schwerer Stress in der Kindheit die molekulare Organisation dieser Hirnregionen, etwa die Struktur der Rezeptoren für den Neurotransmitter Gamma-Amino-Buttersäure.


Wie die meisten Charaktereigenschaften ist auch Aggressivität zu einem beträchtlichen Teil (zirka 50 %) erblich, wobei vor allem in der Presse auch von einem "Gen für Aggressivität" die Rede war. Die erste einschlägige Arbeit beschrieb acht Männer einer niederländischen Großfamilie, die alle zu ungewöhnlichen Aggressionsschüben neigten, die sich laut den Autoren unter anderem in Brandstiftung und Exhibitionismus äußerten. Bei allen diesen Männern ist ein Gen völlig inaktiv, das für das Enzym Monoaminoxidase A (MAOA) kodiert. Solche Enzyme bauen Monoamine ab, unter diesen sind Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin. Werden diese nicht abgebaut, nachdem sie ihre Botschaft von einer Nervenzelle zur nächsten übermittelt haben, beeinflußt dies die Reizleitung. Aus anderen Arbeiten weiß man, daß die Serotonin-Konzentration im Gehirn Aggressivität und Impulsivität beeinflußt. Bei Mäusen wurden mindestens 15 Gene identifiziert, die mit Aggressivität zu tun haben sollen, darunter ein Gen für NO-Synthase, also ein Enzym, das den vielseitigen Neurotransmitter NO produziert. Schlüsse auf entsprechende Gene beim Menschen sind allerdings problematisch, denn die Gehirnstruktur von Mäusen und anderen Säugetieren unterscheidet sich deutlich und auch unsere Gesellschaft und Kultur ist viel komplexer.


Doch nun vereint eine Arbeit (Science, 297, S. 851) die Einflüsse von Umwelt und Vererbung. Eine Gruppe um Terry Moffitt (King's College London) zeigte, daß jene männlichen Probanden, die in ihrer Kindheit schlecht behandelt worden waren, im Durchschnitt eher antisoziales Verhalten zeigen als eine Kontrollgruppe. Dabei wurde auch die Ausprägung des MAOA-Gens untersucht, wobei sich zeigte, daß die inaktive Ausprägung des Gens nicht nachzuweisen war, allerdings fand man eine mehr und eine weniger aktive Variante. Es scheint die weniger aktive MAOA-Variante die Auswirkung der schlimmen Kindheitserlebnisse wesentlich zuverstärken. Von den in ihrer Kindheit mißhandelten oder stark vernachlässigten Männern zeigten nämlich jene mit der weniger aktiven MAOA-Variante in der Adoleszenz doppelt so oft Verhaltensstörungen wie jene mit der aktiveren Gen-Version. Noch deutlicher ist der Zusammenhang bei Gewaltverbrechen wie Raub oder Vergewaltigung. Dagegen hat die Gen-Ausprägung allein - ohne Kindheitstraumata - keinen statistisch feststellbaren Einfluß. Das heißt, daß erst iein Umweltfaktar ("Stressor") einen genetischen Faktor wirksam werden läßt. Daß die MAOA-Aktivität sich gerade,in der Kindheit besonders auswirkt, könnte daran liegen, daß ein zweites, ähnliches Gen (MAOB) immer erst später im Leben aktiv wird.


Warum beschränkte sich die Analyse auf Männer? Erstens, weil das MAOA-Gen auf dem X-Chromosom liegt und daher bei Männern nur in einfacher Ausfertigung vorliegt, was die Interpretation erleichtert. Bei Frauen, die ja zwei X-Chromosomen haben, wird die Auswirkung einer weniger aktiven MAOA-Variante meist durch die zweite Ausgabe des Gens auf dem zweiten X-Chrornosom gemildert. Zweitens aber, weil man mehr Erfahrung mit der Beschreibung und Definition von antisozialem aggressivem Verhalten bei Männern hat als bei Frauen. Schließlich ist, wie der US-Genetiker Greg Carey feststellte, der "stärkste genetische Marker für Gewalttätigkeit noch immer die Anwesenheit eines Y-Chromosoms".





Quelle:
Thomas Kramar (2002). Von Generation zu Generation: Gene und Erziehung geben Aggressivität weiter. Presse vom 10. August, Spectrum S. X.

PeterW
29.09.2005, 10:27
Nicht ganz, wäre zu einfach.
Vererbt wird die Anlage zur artspezifischen Verteidigungsbereitschaft oder besser Dominanz, diese kann sogar rasseweise verstärkt = Kampfhuhn oder abgeschwächt = Seidenhuhn sein, das liegt in der sogenannten Bandbreite der Vererbung drin.
Dies alles ist normal und Arttypisch.
Aggressivität ist ein Ausschlag in eine Richtung, die eben nicht mehr arttypisch, sondern auf Grund von Umweltbedingungen entstanden ist.
In Deinem Beispiel würde der Kampfhahn nicht ruhiger sondern noch kämpferischer da das natürliche Regulativ, also ander Kampfhähne, fehlt und er treiben kann was er will.
Kämpferische Tiere haben in der natur eine sehr gute Chanche, sich zu reproduzieren, aggressive nicht, da dieses verhalten eben nicht arttypisch ist und deshalb ausgegrenzt wird.
Ein Hahn, der auf Menschen losgeht, ist ein Problem und sollte gemerzt werden , allerdings nicht, weil er aggressiv ist, sondern weil er eine Gefahr für den Menschen darstellt.
Aggressiv ist für mich ein Tier nicht, wenn es auf mich als Mensch losgeht, da gibt es sicher viele andere Erklärungen für, sondern wenn es artuntypisch seine eigene Art behandelt.

mfg Peter

PeterW
29.09.2005, 10:38
Hallo Godfather,

Artikel ist bekannt, ist in der Forensik täglich Brot, ändert aber nichts an der obigen Beschreibung von mit.
Würde sogar bei Hühnern, deren Chromosomenlage ja umgekehrt ist, Aggressivität von Hähnen eh nicht genetisch bedingt erklären können.
Zudem wird immer wieder Versucht, Fehlverhalten mit Vererbung in Vernbindung zu bringen, was ja übersetzt nichts anderes heißt, als dass Therapien sinnlos sind und die Menschen einfach weggesperrt gehören.
Warum aber dann immer noch ein hoher prozentsatz sein Verhalten verändert, obwohl es ja noch dem Ansatz der Genetiker gar nicht geht, beantworten sie nicht.
Von daher ist der Ansatz der Millieutherapie schon besser, die sagt, Anlagen werden vererbt , die Umwelt beeinflußt die Ausprägung.
mfg Peter

Gast
29.09.2005, 12:56
letzteres habe ich ja auch in meiner neuformulierung um ausdruck gebracht.

lean87
29.09.2005, 13:09
Danke schon mal für eure Antworten, auch wenn diese reichlich kompliziert waren ;) (Abi 06 :pfeif )!!?

@Andrea
Nein, das Huhn ist letztes Jahr ausgebrütet worden und mit 4 Geschwistern aufgewachsen (3 Hähne, 2 Hühner).
Allerdings war es immer schon relativ klein gewesen und auch schüchtern, wurde also von seinen Geschwistern und den alten Hühnern gepickt.
Also könnte ich mir vorstellen, dass es auf diesem Wege versucht hat seine Aggressionen abzubauen, weiterzuleiten..
Könnte das sein??
Ist ja auch bei uns Menschen so.....

Es ist voll gesund und kann auch keine Wehwehchen haben, das hätte ich schon bemerkt :P

Ist wahrscheinlich dann eher eine natürliche Reaktion auf das Picken der anderen. Es reagiert übrigens auch ziemlich rabiat den neuen Küken gegenüber und lässt keine Gelegenheit aus, diese zu piesacken....na ja, so wie im Leben : Immer auf die Schwächsten >:(

Ich dachte halt nur an Vererbung, weil die eine Junghenne von diesem Jahr, die ihrer Mutter sehr gleicht, genau das selbe Verhalten an den Tag legt.
ABER: Ich habe es geschafft sie zu entaggressivieren!!Sprich: immer wenn es die Federn gesträubt hat und zupicken wollte habe ich ganz schnell seinen Schnabel gestreichel, was es wohl ziemlich mochte........inzwischen kommt es sogar freiwillig und streckt mir den Schnabel hin :-* :-* :o :D

Gast
29.09.2005, 13:26
gückwunssch. klingt doch super.

*Hühnerjan
29.09.2005, 13:43
Jupp,Prima:)

Ich glaub ich muß mir auch mal eine Glucke besorgen,und selber Kükis aufziehen :-*

nächstes Frühjahr mal gucken