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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Leben in der Dunkelheit...



Phönix
06.12.2007, 18:12
Eine kleine, aber traurige Geschichte über mein Huhn Blindi...

Im letzten Frühling lernte ich sie kennen, denn ich war dabei, als sie mit dem ersten Picken ihres kleinen Schnabels die Eierschale durchbrach. Sie war bereit für die Welt und drückte sich voller Erwartungen aus der Eierschale. Doch die von ihr erhoffte Mutterwärme war nicht da. Rufend wand sich der kleine Wurm auf dem harten, unbequemen Boden des Brutapparates, bis er meine Stimme wahrnahm. Meine Hand umfasste den kleinen, noch etwas fechten Körper des Kükens und brachte es vorsichtig unter eine Wärme spendende Rotlichtlampe zu den anderen, bereits Geschlüpften. Ein erster zögerlicher Blick, um die neue Umgebung zu begutachten und schon kuschelten sich ihre Geschwister an sie. Ein Gefühl der Geborgenheit verbreitete sich und ließ sie seicht in den Schlaf fallen.

Bereits am nächsten Tag erlernte sie das Essen und Trinken: Der erste Schritt in die Selbstständigkeit. Trotzdem fehlte etwas…eine wärmende Mutter. Doch dieser Wunsch wurde ihr erfüllt. Eine der gluckenden Hennen nahm die Kükenschar liebevoll unter ihre Fittiche. Endlich…der warme Körper einer Mutter…ihrer Mutter.

Ein paar Wochen vergingen. Es war bereits Sommer und die Sonne brannte unermüdlich. Mutter Henne präsentierte stolz ihre gewachsenen Küken im Gehege, die übermütig um sie herum tollten. Doch meinem Küken genügte der Auslauf nicht und es beschloss mit der jüngeren Schwester den Hühnerhof zu erkunden. Voller Vorfreude begaben sie sich unter die Erwachsenen, die sie verachtend musterten. Sie erkannten ihren Fehler und eilten zurück zur Mutter. Jedoch fanden sie keinen Weg zurück in das Gatter.
Die Hitze drückte ihnen auf ihre mit Federn vermischten Daunen. Nirgends ein Schattenspendendes Plätzchen, kein Futter und kein Wasser. Sie bemerkte, wie sehr ihr die Sonne in den Augen brannte. Hoffnungsvoll sah sie zu ihrer Mutter hinüber, die ihr aber nicht helfen konnte. Alles sah so verschwommen aus, nicht wie gewohnt und die Sonne wollte einfach nicht untergehen.
Mein Vater entdeckte die beiden Ausreißer am Nachmittag und setzte sie zur Glucke zurück. Hunger und Durst trieben die beiden zum Futterplatz. Doch was war das? Sie konnte die Körner nicht mehr klar sehen…

Ein paar Tage vergingen und ihr Zustand verschlechterte sich zunehmend. Sie sah kein Futter, eckte überall an und was am Schlimmsten war: Sie erkannte die eigene Mutter nicht mehr.
Natürlich viel es mir auf und unter strenger Beobachtung der Mutter griff ich mir die Kleine. Schnell war ich mir über ihr Schicksal im Klaren: Sie war blind geworden! Doch was sollte ich nun mir ihr tun?
Ich setzte sie ab und stellte eine Schüssel mit Futter vor ihr hin. Nichts. Ich ließ langsam meinen Finger durch die Körner fahren. Sofort erkannte sie das Geräusch und fing eifrig an zu picken. Es dauerte eine Weile, bis ihr Hunger gestillt war, also brachte ich sie danach zum Wasser. Gierig ließ sie das kalte Nass ihre Kehle hinabgleiten.
Ich wusste ab jetzt muss ich mich um sie kümmern. Da sie noch so klein war, durfte sie in einem Käfig im Haus bleiben, so konnte ich sie besser füttern. Am Tag war sie draußen bei den anderen.
Schnell gewöhnte sie sich an mich. Sie folgte meiner Stimme und meinen Schritten und gern kuschelte sie sich in meinem Arm ein, um zu schlafen…sie vertraute mir voll und ganz. Oftmals versuchte sie sich mit mir zu unterhalten. Leider konnte ich sie nun mal nicht verstehen, aber ich hätte es gern gekonnt.

Bald wurde sie größer und konnte ihren eigenen Stall zusammen mit ihrer Schwester beziehen. Eine Hühner-WG halt. Mit dem Fressen klappte es auch, denn sie hatte trotz Blindheit einen guten Orientierungssinn und fand ihre Näpfe immer wieder. Nun war ich stolz auf meine kleine Blindi.

1 ½ Jahre bestand nun schon diese enge Bindung, doch dann passierte es. Mein Handy klingelte. Es war meine Mutter. Schon an ihrer Stimme bemerkte ich, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ein Hund war über den Zaun gesprungen und tötete mehrere Hühner…darunter auch Blindi…

rollfuss1611
06.12.2007, 19:26
Sorry, tut mir echt leid! :(
Ich finde es bemerkenswert, wie du dich so um das Tier bemüht hast.
Aber vielleicht solltest du es einmal aus einer anderen Perspektive sehen.....
Es war vielleicht auch eine Erlösung für das Huhn. Viele andere hätten es längst
in den Skiurlaub geschickt.
Ich habe noch nie vor so einer Situation gestanden und ich weiss garnicht, wie ich darauf reagiert hätte. Aber so ist halt das Leben.
Ich finde trotz der Situation, dass du die Geschichte sehr schön beschrieben hast. Auch wenn sie nicht positiv verlaufen ist.

LG Rollfuss

gaby
06.12.2007, 20:43
>:( :( Was soll man da sagen? Das ist so traurig...

gg

elanor
06.12.2007, 20:52
Hallo

Naja, Erlösung? Bei soviel Zuwendung ging es der Henne doch prima. Ich habe selber zwei "Blindfische", von denen eine schon seit Jahren blind ist und die sich prima alleine zurechtfinden und auch wohl fühlen. Aber natürlich verstehe ich auch, wenn jemand so ein Tier schlachtet. Aber ich freue mich immer, auch andere "Verrückte" kennenzulernen, die auch gehandicapten Tieren eine Chance geben... ;)

LG, Sonja

paganon
06.12.2007, 22:11
Hallo,

bei mir leben sehr viele gehandikapte Tiere, u.a. auch ein blinder Hahn.
Charlie führt sogar seine eigene Mädelsgruppe......

http://birdshome.de/assets/images/autogen/a_charlie1.jpg

Ich finde klasse, dass du dich so um deine blinde Henne gekümmert hast. Es ist immer wieder traurig so einen "Freund" zu verlieren.

Viele Grüße, Iris

rosifa
06.12.2007, 22:27
Traurige Geschichte und nichts für mich,hab Pipi in den Augen :(

Aber Kompliment super schön geschrieben ;)

Gruß rosifa

pyraja
07.12.2007, 07:37
Ach seufz.... schon so früh am morgen so was trauriges...
Wo ist denn blos dieser blöde Hund hergekommen???

anja66
07.12.2007, 09:12
Original von rosifa
Traurige Geschichte und nichts für mich,hab Pipi in den Augen :(

Aber Kompliment super schön geschrieben ;)

Gruß rosifa

ich auch :(

wunderschön geschrieben, dooooooooooofer hund

gruss anja

Flöckchen
07.12.2007, 10:25
Das macht mich sooo traurig ! Aber gleichzeitig freue ich mich hier auch mal zu lesen das es einige gibt die auch solchen Tiere eine Chance geben. Respekt! Ich hätte es auch so gemacht denn jedes leben zählt .

Aber verdient hat das Blindi es nicht, Sau blöder Hund...

Liebe Grüße Micha

Oggy
07.12.2007, 11:06
Aber, aber,
doofer Hund, saublöder Hund....

der kann auch nichts dafür das er seinen Instinkten folgt. Dann schon lieber doofes Herrchen, saublödes Herrchen....!

Trotzdem traurige Sache das. :heul

Flöckchen
07.12.2007, 11:20
Ich weis doch, habe selber so einen Hund ( kann natürlich nichts dafür )der auch gern ein häschen jagt und schon ein kind traurig gemacht hat aber da wußte ich noch nichts von seinen vorlieben aber jetzt : gefahr erkannt , gefahr gebannt ! Man muß als besitzer aufpassen wenn man es weis.

LG Micha

Phönix
07.12.2007, 20:52
Ich möchte mich erst mal für euer Mitgefühl bedanken und freue mich sehr, dass es noch mehr Menschen gibt, die ein Huhn nicht nur als Lebensmittel ansehen. Hühner mit Handycap sind nun mal etwas Besonderes und jedes Leben ist lebenswert.
Dem Hund, übrigens ein Jagdhund, gebe ich nicht die Schuld, dafür um so mehr den Besitzern. 1. haben sie sich den Hund angeschafft, ohne sich vorher über die Rasse zu informieren oder einen Wesenstest mit ihm zu machen. 2. ist der Hund mittlerweile schon 4 Mal ausgebrochen hat dabei 2 Mal unsere Hühner gemordet, ein drittes Mal konnte ich gerade so verhinden (hab den Hund eingefangen). Insgesamt hat er 15 Hühner und 3 Enten erwischt...ist jetzt ein Fall für die Versicherung.
Aber das bringt mir meine Hühner und besonders Blindi nicht zurück... :(
Sowas KANN mit Geld gar nicht wieder gut gemacht werden...es schmerzt noch immer so sehr...

Mich hat es sehr viel Kraft gekostet zu dem Besitzer des Hundes zu gehen, aber wenigstens tut es ihm Leid...

Danke noch mal an euch alle und bitte passt immer gut auf eure Lieblinge auf, egal ob blind oder nicht.

LG Phönix

nupi2
07.12.2007, 22:32
Es ist soooooo traurig. Und ich kann sehr gut nachempfinden wie es Dir damit ging, wenn so ein geliebtes Tier geht. Ich finde es so schön, daß Du Dich so rührend um die Henne gekümmert hast und ihr trotz ihrer Behinderung ein schönes Leben mit Liebe ermöglicht hast.

Ich selbst habe auch einige Tiere (Hunde und Katzen) aus schlechter Haltung übernommen. Die haben zwar keine körperlichen Schäden aber seelisch teils nen Knacks weg.... Und da freue ich mich besonders, zu lesen wenn es noch mehr Leute gibt, die mit aller Kraft Tieren ein schönes Leben ermöglichen.

Sei ganz lieb gegrüßt

nupi2