Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Legedarmentzündung spezifische Fragen
Hallo zusammen!
Ich habe im Juli eine ca. 2 Jahre alte Hybride von einem Bekannten vor der Schlachtung gerettet, bisweilen war sie topfit. Am Montag dann plötzlich recht teilnahmslos, aber draußen. Der Besuch beim hühnerkundigen Tierarzt hat eine Peritonitis (Bauchfellentzündung) und Kropfentzündung gebracht, mutmaßlich durch eine Ruptur des Legedarms, ein Ei konnte er nicht ertasten. Colistin wurde intramuskulär gespritzt, dazu ein Mittel in den Kropf. Am Montag Abend nach dem Heimkommen hat sie dann wieder fröhlich gepickt.
Seitdem verabreichen ich ihr morgens Colistinsulfat (oral, bisher 2 Gaben durch mich und eben eine durch den TA). Gestern war sie vormittags eher matt, nachmittags im Kompost unterwegs, heute den ganzen Tag eher matt, aber ist doch ein bisschen umher gegangen und nicht gesessen (aber schwer zu beurteilen, da ich in der Arbeit war, habe meine Mutter vorbeigeschickt).
Der Bauch ist soweit nicht voll mit Aszites, aus dem Schnabel riecht es doch noch etwas und auch der Kropf ist nicht ganz leer. Sie frisst nicht gut, wobei das bei dem Krankheitsbild vll gar nicht so kontraproduktiv ist, trinkt aber.
Nun zu meinen Fragen:
- Die Antibiose ist über 5 Tage angesetzt. Wie sind eure Erfahrungen, sollte es nach den nun 3 Tagen schon deutlich besser gehen? Eigtl waren wir ja recht früh dran.
- meint ihr, dass 5 Tage reichen? Ich würde nach Gefühl eher auf 10 Tage verlängern
- Laut Recherchen ist die Plasmahalbwertszeit von Colistin recht kurz, sprich wenn ich es nur einmal täglich in der Früh gebe, ist abends/nachts nicht mehr viel da. Der TA meinte, das passt, aber so wirklich besser geht es ihr nicht. Ich hatte überlegt, zusätzlich noch Doxycyclin zu geben, hierfür hatte ich einige positive Erfahrungen bei Legedarmentzündung gelesen, und es gibt auch Präparate, die Doxycyclin und Colistin enthalten, sprich die Kombination wäre unbedenklich. Allerdings ist Doxycyclin vom Wirkspektrum her eher schlecht im gramnegativen Bereich, sprich der typische Erreger E.coli wird nicht abgedeckt (zumindest verwenden wir Doxy in der Humanmedizin nie für Infektionen im Bauchraum), daher "wundern" mich die erwähnten positiven Erfahrungen ein wenig. Durch meinen Arztausweis könnte ich zumindest anderweitige Präparate aus der Humanmedizin kaufen.
- Zur Diskussion steht ein Suprelorin-Chip. Direkt nach der Implantation sind die Hennen wohl manchmal schwach, weshalb der TA ihn nicht gleich geben wollte. Mein Vorschlag wäre ihn, am Dienstag, sprich nach 7 Tagen Antibiose, zu implantiert und das AB dann bis einschließlich Donnerstag fortzuführen. Hat jemand Erfahrungswerte zum Zeitpunkt der Implantation?
- Wenn ich mich so umsehen, findet man viele Horrorgeschichten zur Legedarmentzündung, wodurch ich die Prognose des TA, dass 70% eine Peritonitis überleben, etwas in Frage stelle. Hat denn vll jemand diese Erkrankung im Frühstadium erfolgreich therapiert, und falls ja, ich würde mich sehr über Berichte freuen :)
- hinsichtlich Supportivtherapie: ich füttere aktuell eingeweichte Körner mit Bierhefe, Futterkalk, Oregano, Vitaminpräparat. Im Wasser ist etwas Apfelessig. Ich habe öfter von VitD3/Calcium/VitK gelesen, dass dies zusätzlich gegeben werden soll, doch möchte ich ja eigtl aktuell keine Eiproduktion - macht es dennoch Sinn?
Entschuldigt die vielen Fragen, aber ich dachte, ich versuche mal mein Glück. Ich möchte nicht, dass sie leidet, und ihr dennoch jede Chance geben.
Ganz, ganz lieben Dank und viele Grüße
Anna
Legedarmentzündungen sind unberechenbar. Allerdings habe ich auch bei meinen Hühnern schon einige erfolgreich behandelt.
Ohne Erregerbestimmung und Antibiogramm ist das mit der Antibiose immer so eine Sache, allerdings hat man dafür bei einer Legedarmentzündung auch nicht wirklich Zeit.
Ich persönlich habe schlechte Erfahrung mit Gyrasehemmern gemacht, mit simplen Amoxicillin habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht (Dosierung 55 - 110 mg/kg alle 12 h).
Doxycyclin orał sehe ich auch immer kritisch beim Huhn, da aufgrund der Fütterung manchmal viel Ca im Verdauungstrakt ist, ich habe da Zweifel an der Resorption.
Ich würde auch mindestens 10 Tage antibiotisch behandeln.
Supportive Therapie ist bei mir in der Regel Vitamine ins Trinkwasser und Rührei zum normalen Futter..
Liebe Grüße
Frank
edit:
Suprelorinchip: Da finde ich das angedachte Timing ok.
Was auch helfen kann: Metacam oral, ein nichtsteroidales Antiphlogistikum.
Das ist schmerzlindernd und hemmt die Entzündungsneigung im Körper.
Vorsicht geboten ist mit Kortison, im Fall einer akuten Krise ist einmalig Prednisolon in der Regel hilfreich und gut verträglich.
Legedarmentzündungen sind unberechenbar. Allerdings habe ich auch bei meinen Hühnern schon einige erfolgreich behandelt.
Ohne Erregerbestimmung und Antibiogramm ist das mit der Antibiose immer so eine Sache, allerdings hat man dafür bei einer Legedarmentzündung auch nicht wirklich Zeit.
Ich persönlich habe schlechte Erfahrung mit Gyrasehemmern gemacht, mit simplen Amoxicillin habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht (Dosierung 55 - 110 mg/kg alle 12 h).
Doxycyclin orał sehe ich auch immer kritisch beim Huhn, da aufgrund der Fütterung manchmal viel Ca im Verdauungstrakt ist, ich habe da Zweifel an der Resorption.
Ich würde auch mindestens 10 Tage antibiotisch behandeln.
Supportive Therapie ist bei mir in der Regel Vitamine ins Trinkwasser und Rührei zum normalen Futter..
Liebe Grüße
Frank
Lieber Frank,
Tausend Dank für diese fundierte Antwort! Colistin sollte eigtl ganz gut wirken, ist auch kein Gyrasehemmer. Es bestehen wohl Resistenzen in der Massentierhaltung, aber damit hatte meine Henne glücklicherweise keinen Kontakt.
Ich habe jetzt noch gelesen, dass Colistin oral quasi nicht resorbiert wird, was eine Erklärung sein könnte, warum es noch nicht wirklich aufwärts geht. Ich werde mir morgen früh Insulinnadeln besorgen und es intramuskulär verabreichen. Das habe ich leider noch nie gemacht und etwas Angst vor einer versehentlichen Leberpunktion, aber auf diversen Youtube-Videos wird das als recht einfach propagiert. Und dann mal sehen, wie es nach den 3 Dosen, die ich noch habe, wirkt. Sollte keine Besserung eintreten, würde ich wohl auf Amoxicillin umstellen.
Hierzu noch eine Frage an dich: gibst du Amoxicillin alleine, oder in Kombi mit Clavulansäure? Das AmoxiClav wäre so der Standard in der Humanmedizin als Breitband-AB, in amerikanischen Foren habe ich gelesen, dass die das auch geben.
Und dann aber über den Schnabel?
Nochmal ganz lieben Dank dir! Das gibt mir schonmal Hoffnung, gerade weil es leicht wäre, an Amoxicillin zu kommen.
Ich weiß, dass es nicht optimal ist, mit Antibiotika zu experimentieren, aber leider hat man bei Legedarmentzündung ja nicht viel zu verlieren :/
Danke und ganz liebe Grüße
Anna
Ich nutze echt nur Amoxicillin ohne Clavulansäure, aber schaden kann die Kombi ja nicht. Ich persönlich spritze es lieber, aber oral ist auch kein Problem.
Wenn du Angst vor einer Leberpunktion hast: :pfeif Ich spritze nahezu alles subcutan in den Bereich dorsal zwischen den Flügeln/Anfang Nacken. Vögel haben einen hohen Stoffwechsel, die Pharmakokinetik zwischen i.m und s.c unterscheidet sich deshalb kaum.
Super danke, ich schau sie mir morgen mal an. Sie ist mit 1,5kg sehr schmal, wenn ich das Brustbein gut tasten kann, sollte das mit dem I.m. eigtl gehen :)
Eine letzte Frage noch: nimmst du veterinärmedizinisches Amoxicillin, oder den normalen (Kinder)Saft aus der Humanmedizin? Weil das Amoxicillin (+/- Clavulansäure) ja eigtl nicht für I.m./s.c. zugelassen ist.
Danke danke danke!!
Ich nutze das veterinärmedizinische Amox, ich habe aber auch schon i.v. Präparate aus der Humanmedizin s.c. oder i.m. gespritzt. Selbst Vibravenös (Doxy), was ja bei uns nur verdünnt mit NaCl und langsam i.v. gegeben werden darf, wird sowohl s.c. als auch i.m. vom Vogel vertragen. Ich habe das früher schon diversen Papageienarten gespritzt, die ungleich empfindlicher sind (Hühnern auch schon).
Das ist ja schon mal gut zu wissen! Ich würde dann wohl einfach Ampicillin, das humanmedizinische i.v.-Äquivalent zu Amoxicillin nehmen, das sollte dann ja problemlos I.m. gehen und wir haben es eh in der Praxis :)
Habe ich ohnehin in der Liste der für Hühner zugelassenen Medikamente gefunden, gleiche Dosis wie Amoxicillin.
Echt Wahnsinn, wie du dich auskennst! Danke!
toi toi toi!
Ich drück alle Daumen!
Hi, ich kann leider nicht ansatzweise so fachlich fundiertes Wissen beisteuern. Was ich schmerzlich gelernt habe: Legdarm kann so und so ausgehen und bzgl wie lange du das Medikament geben möchtest würde ich persönlich eher auf mein Bauchgefühl hören. Du siehst das Huhn täglich, da hat man dem TA gegenüber einfach einen Vorteil. Nur weil es reichen sollte, heißt nicht, dass es das in der Praxis auch tut. (Immer vorausgesetzt, dass man das Medikament auch geben darf/sich damit auskennt was erlaubt ist.)
Ich drücke die Daumen!!!
Hi, ich kann leider nicht ansatzweise so fachlich fundiertes Wissen beisteuern. Was ich schmerzlich gelernt habe: Legdarm kann so und so ausgehen und bzgl wie lange du das Medikament geben möchtest würde ich persönlich eher auf mein Bauchgefühl hören. Du siehst das Huhn täglich, da hat man dem TA gegenüber einfach einen Vorteil. Nur weil es reichen sollte, heißt nicht, dass es das in der Praxis auch tut. (Immer vorausgesetzt, dass man das Medikament auch geben darf/sich damit auskennt was erlaubt ist.)
Ich drücke die Daumen!!!
Vielen lieben Dank! Ich finde, du hast total Recht, bei uns Menschen ist das ja genau so, dass die Antibiose verlängert wird, wenn man sie eben braucht.
Ich habe gerade beim TA angerufen, es geht klar, dass ich mir morgen nochmal Colistin abhole. Für Dienstag ist dann der kleine Suprelorin-Chip geplant.
Die erfreuliche Nachricht: nachdem ich ihr heute das Colistin erstmals I.m. gegeben habe (oder möglicherweise auch s.c., die Brust ist so schmal, dass ich nicht tief gestochen habe), scheint es ihr mittlerweile etwas besser zu gehen. Sie läuft zwar nicht rum, aber pickt um sich herum an der Stelle, wo sie steht, und putzt sich auch die Federn.
In der Apotheke konnte ich Metacam bestellen, das gibt es ab heute Nachmittag (0,5mg/kg KG ist richtig, oder?), und jetzt koche ich ihr ein bisschen Rührei und schau, ob sie das zusammen mit Mehlwürmern mag.
Ich bin Verhalten optimistisch, danke fürs Daumen drücken!
Das klingt erstmal vorsichtig optimistisch!
Für Metacam wäre zfranky der richtige Ansprechpartner, bin gerade nicht daheim und will dir nichts Falsches erzählen.
Ich hoffe dass sie es packt!
Mit ein bisschen Katzenfutter verfeinert hat sie ein paar kleine Bissen gefressen. Ich denke, das Hauptproblem ist aktuell die Kropfentzündung, wenn sie sich vorneüber beugt, erbricht sie gelegentlich kleine Mengen Flüssigkeit. Habe etwas Clotrimazol untergehoben, die Menge ist jedoch bei der geringen Futteraufnahme eher homöopathisch. Meint ihr, Sab Simplex könnte helfen?
In der Apotheke konnte ich Metacam bestellen, das gibt es ab heute Nachmittag (0,5mg/kg KG ist richtig, oder?)
Ja, aber 2x tgl.
Meint ihr, Sab Simplex könnte helfen?
Groß schaden kann es ja nicht, aber wenn es wirklich eine Kropfentzündung ist, wäre ein guter Wirkspiegel an Clotrimazol schon wichtig.
Alternative wäre Fluconazol 5-10 mg/1x tgl. Eventuell könnte man das stressfrei mit etwas Tartar oder Rührei unterjubeln ?
Ich glaube die Kropfentzündung ist eine Begleitung der Peritonitis, aber der TA hat in den Kropf gespiegelt und diese festgestellt. Ich versuche morgen gleich in der Früh Katzenfutter mit Clotrimazol anzubieten, zwangseingeben möchte ich es eigtl eher ungern, da sie das ziemlich stresst und sicherlich nicht förderlich für die Entzündung ist. Danke dir!
Habe ihr gestern noch Clotrimazol eingegeben, heute morgen war der Kropf etwas entleerter.
@zfranky
Ich bin nicht ganz glücklich mit Clotrimazol, da ja eigtl topisch anzuwenden. Fluconazol ist ja eher für systemische Mykosen, das wäre daher nicht meine 1. Wahl, lieber etwas lokal wirksames. Hast du Erfahrungen mit Miconazol? Oder lieber Nystatin? Wobei ich doch meine, dass Miconazol potenter ist. Danke!
Hier mal ein Update:
Am Montag ging die ganze Geschichte damals los, bis Donnerstag abend sah sie nicht gut aus. Wir haben dann zusätzlich zum Antibiotikum oral auch 2x tgl Miconazol und abends Sab Simplex gegeben. Übers Wochenende wurde sie deutlich besser. Geschlafen hat sie in der warmen Küche, abends saß sie immer noch ca eine Stunde auf meinem Schoß und ließ sich streicheln (haltet mich für verrückt, aber genügend Studien zeigen, dass beim Menschen das Outcome schwerer Erkrankungen durch emotionalen Support deutlich verbessert wird - und Hühner sind schließlich auch soziale Tiere).
Glücklicherweise blieb uns Durchfall trotz Antibiose erspart, wir haben aber auch sehr auf die Ernährung geachtet.
Am Dienstag, nach 7 Tage Antibiose, reduzierte ich diese auf die halbe Dosis über 3 weitere Tage. Auch am Dienstag wurde der Suprelorin-Chip implantiert, mein TA meinte, dass 50% danach für 2 Wochen sehr müde und schlapp sind. Ich bin zwar seit Donnerstag nicht Zuhause, meine Mutter kümmert sich, aber über meine Webcam beobachte ich regelmäßig, dass die Kleine sich nicht wirklich anders verhält - sie frisst, scharrt, putzt Federn, hüpft auf den Kompost, behauptet ihre Chef-Position.
Alles in allem bin ich froh, dass ich nicht aufgegeben habe, nachdem ich die vielen schlimmen Berichte über Legedarmentzündungen gelesen habe. Man muss aber auch sagen, dass wir wirklich früh dran waren, und sie quasi 12 Stunden nach Symptombeginn vom TA die richtige Behandlung erhalten hat.
Das Miconazol kann ich wärmstens empfehlen, gleiche Wirkstoffgruppe wie Clotrimazol, aber als orales Gel erhältlich und folglich (zumindest beim Menschen) für die oral Nutzung zugelassen :)
Wilde Hummel
25.10.2024, 08:52
(hatte sich überschnitten)
Das klingt ja toll!!! Glückwunsch und toll, dass du nicht aufgegeben hast :)
Powered by vBulletin® Version 4.2.5 Copyright ©2025 Adduco Digital e.K. und vBulletin Solutions, Inc. Alle Rechte vorbehalten.