PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Perlhühner als Greifvogelabwehr



renrew
23.06.2021, 19:46
Also, ich habe eigentlich nichts mit Habicht und Co zu tun. Hier ist einfach zu viel Raben- oder Krähenzeug in der Luft. Ein Kumpel hatte mächtig Ärger mit den Greifen, seit er sich ne Kiste Perlhühner mit zu den Hühnern gesetzt hat, ist erst mal Ruhe. Hat auch schon jemand anders solche Erfahrung gemacht, oder hat der Kumpel bis jetzt einfach nur Glück gehabt?

BKBb
23.06.2021, 19:54
Habe selbst keine Perlhühner, da mich das Geräusch nervt.
Meine Nachbarin hat 4 mitlaufen und heuer schon 4 Hühner an den Habicht verloren. Ich noch keines.
Ich tippe auf Glück

Gesendet von meinem SM-M307FN mit Tapatalk

Synala
23.06.2021, 19:55
Ein 100% Schutz sind sicher auch Perlhühner nicht. Da helfen nur Netze. Soll aber wohl wirklich helfen. Man sollte nur keine direkten Nachbarn haben…..

sil
24.06.2021, 08:23
Mir hat mal ein Hühnerhalter erzählt, daß Perlhühner extrem wachsam sind und Gefahren aus der Luft viel eher mitkriegen und melden als anderes Geflügel. Wenn Hühner gelernt haben, bei einem entsprechenden Warnruf der Perlhühner sofort Deckung zu suchen (und selbstredend auch genügend Deckung vorhanden ist), haben Habicht und Co offenbar wenig Chancen. Deswegen hatte er immer Perlhühner mitlaufen. Diese Erklärung scheint mir logisch, ob sie stimmt, weiß ich aber nicht.
Ob Perlhühner aktiv Beutegreifer vertreiben oder allein ihr Anblick bschreckend wirkt, weiß ich auch nicht, kann ich mir kaum vorstellen.

Okina75
24.06.2021, 09:27
Ist Glück.

Perlhühner sind in Afrika selber beliebte Beute, und die Hühner lernen, eben so sensibel auf die Alarmrufe diverser Singvögel zu reagieren. Im Winter sind das vorzugsweise die Meisen, wo bereits die ersten ein/ zwei Silben des Alarmrufes genügen, dass sich die Bühne totenstill und in gespenstischer Geschwindigkeit leert. Im Sommer sind es vorzugsweise die Schwalben, und jederzeit die Krähen. Wobei bei letzteren sogar noch zwischen der Intensität des Alarms unterschieden wird.
Kommt ein Habicht, ist bei den Krähen wirklich Dringlichkeit in der Stimme, da flitzen sie sofort. Bei Bussard, Milan oder Sperber meckern die Krähen vor allem jetzt nur Ästlingszeit auch, aber weniger vehement, weswegen die Hühner das weniger dringlich sehen.

Was aber ebenfalls und primär zur erfolgreichen Selbsterhaltung der Hühner beiträgt, hat Sil schon angeschnitten. Genügend Deckung ist das A und O, das Huhn als eigentlicher Bewohner lichter (Jung)Wälder sollte es nie weiter als 5 m in die nächste Deckung haben. Womit idealenfalls bis 10 m hohes Gehölz gemeint ist, dass oben dichtes Kronendach hat, und unten übersichtlich und zugänglich ist, zu dem Seiten aber ebenfalls abgeschirmt. Wie so ein Wald- oder Gehölzrand eben so ist. Hat man zusätzlich noch fitte Hühner (das können in der Tat auch braune Hybriden sein, vorzugsweise mit Glucke selbst gezogen), kann das soweit führen, dass man in nun neun Jahren völligen Freilaufs nicht einen Verlust an Greifvögel hat, obwohl zahlreiche Arten vorkommen. Bei uns sind das Mäusebussard (kann potentiell Küken und bis 0,7 kg schwere Tiere ohne weiteres nehmen), Milan (Küken gar kein Thema), Turmfalke (ich weiß, Falken gelten nicht als Greifvogel, aber auch hier Küken gar kein Thema) Sperber (wiederum Küken und bis etwa 300 g schwere Jungtiere- und ok, an den habe ich auf jeden Fall mal ein Küken abtreten müssen), Habicht.
Letzterer hat es in der Tat mal versucht, hatte auch zweimal eine Henne bereits am Wickel, hat es aber durch Krähen dicht auf dem Hacken und meiner Anwesenheit nicht wieder versucht, obwohl regelmäßig umher.

Auch ein leicht hypersensitiver Hahn ist sicherlich eine große Hilfe.
Meiner ist nun bald sechs Jahre alt, und ich kann auf jeden Fall sagen, dass es unter seiner Ägide maximal beim Jungvolk Verluste gab, und dies vorzugsweise an Katzen und Ratten. Und dies auch nur bis 2017, so lange die Hühner noch ganz frei laufen konnten. 2045 m² sind dann wirklich zu viel für einen Hahn zu überwachen.
Mein Kerl sieht nun als dreiviertel Javanesischer Zwerg/ Buschhuhn buchstäblich hinter jedem Busch Schatten und ist wirklich hoch pingelig. Das kann schon mal nerven, wenn man selbst beim für ihn unklaren, aber völlig harmlosen Rumwurschteln im Gebüsch (Schnitt, Brennnesseln jäten wie aktuell) zehn Bodenfeindalarme, bzw. Aufmerksamkeitswarnern an die Hennen kassiert, wo er einen aus 5 m peinlichst observiert und bei jeder ansatzweise komischen Bewegung wieder sein "Bukgö bukbuk" ablässt, aber das wird wohl auch das Geheimnis seines Erfolges sein :kein.

Perlhühner sind ohne Zweifel skeptisch und best hörbare Warner, aber für wirklich sinniges Wachpersonal viel, viel zu hyperaktiv.
Auch sie sehen in jedem Schatten einen möglichen Schurken und kommentieren das auch entsprechend, bzw. werden hektisch. Als noch kaum domestiziertes Geflügel müssen sie das natürlich, wenn sie überleben wollen, leider geht die Domestizierung bei denen aber den unglücklichen Weg, dass sie zwar wie die meisten anderen domestizierten Tiere dümmer werden (kleinere Gehirne etc.), aber ihr wildhaftes Gebaren auch kaum verlieren. Das ist eine unerquickliche Kombi, die zu zwar lebhaften, aber in Krisensituationen heillos überforderten Tieren führt.
Perlhühner passen als Savannenbewohner zwar weitaus besser in den üblichen plusminus weithin kahlen Hühnerauslauf mit nur einzelnen (oder gar keinen) Strukturen hier und da, sie brauchen aber auch Platz, weit mehr noch als Hühner. Das Huhn ist ein Kurzstreckenflüchter, das aufgeschmissen ist, wenn es in der gegebenen Distanz in keiner Deckung ist. Das Perlhuhn ist ein Langstreckenflüchter, dass sich im genauen Gegenteil, auch viel geschickter rennend, auf möglichst übersichtlichen Flächen in Sicherheit bringt. Von wo es bei weiterem Fluchtbedarf auch auffliegt und längere Strecken abstreichen kann, wo Hühner meistens nur genug Saft für wenige Meter oder aus dem Stand hoch in den Baum über ihnen kommen. Fehlt dem Perlhuhn der Platz für die raumgreifende Flucht, ist es ebenso aufgeschmissen. Und wird ebenso leicht zur Beute.

Daraus folgt, dass beide Arten eigentlich nicht wirklich zueinander passen. Und man viel besser daran tut, seinen Auslauf optimal zu gestalten, und aufmerksame Tiere zu haben. Und sich darüber zu freuen, wenn in der weiteren Peripherie Krähen und Elstern leben. Hat man auf die Küken spezialisierte, muss man die eben bis zu einer gewissen Größe geschützt laufen lassen. Wenn die Küken aber zumeist ignoriert werden, ist es um die, die dennoch erwischt werden nicht schade, weil sie offenbar nicht für die freie Auslaufhaltung geboren sind. Da helfen auch wehrhafte Glucken gut, die durchaus auch entscheiden können, ob sich der Einsatz für ein Küken lohnt. Befindet sie es als "Ferner liefen", und Elstern etc. haben dadurch Jagderfolg, obwohl sie sonst furios verteidigt, ist das ein beherzigenswertes Urteil.

Fazit:
- Deckungsreicher Auslauf mit Deckung wie beschrieben
- jederzeit "spitzer" Hahn
- Gluckenaufzucht durch mit den örtlichen Gegebenheiten vertrauter Glucke
- geistig fitte Tiere
- eine intakte Umgebung mit vielen aufmerksamen Kleinvögeln (Schwalben, Meisen, Bachstelzen, Krähen, Elstern)

Und man kann sich die lauten und durchaus nicht ganz so einfachen sowie nervösen Perlhühner sparen.

Synala
24.06.2021, 09:58
Danke Okina. Sehr aufschlussreicher Text super zusammengefasst. Nur beim Milan muss ich sagen das nicht nur Küken in Gefahr sind. Wir haben hier Rotmilane. Die gehen zur Not auch an kleinere Hühner. Unsere krähenabwehr funktioniert aber auch bei denen, nur kann es da sein das er schon ein Huhn am Wickel hat bis die krähen da sind. Den Habicht attackieren sie bereits wenn er irgendwo lauert. Ob irgend ein Tier wirklich zur Greifvogel Abwehr taugt? Eventuell ein Hund. Alles andere minimiert wohl die Verluste gibt aber keinen 100% Schutz.
Deckung und aktive Hühner sind da wohl in Verbindung mit einem aufmerksamen Hahn wirklich das beste. Ansonsten hilft wirklich nur ein Netz sicher vor den Gefahren aus der Luft. Und Perlhühner sind wirklich laut. Ich will das nicht mal mir antun, ich glaube die würden mich wahnsinnig machen.

renrew
24.06.2021, 10:18
Mein Jungtierschutz ist folgender: Vor dem Alter von 10 Wochen kommt mir kein Küken raus, denn ich geh gar nicht davon aus, dass das überhaupt funktionieren könnte.

Yokojo
24.06.2021, 11:36
Perlhühner sind wachsamer und reaktionsschneller als Haushühner und entkommen dem Habicht deshalb eher, aber angreifen werden sie einen Habicht nie, genausowenig wie Puten. Es macht nur Sinn sie zusammen mit Hühnern zu halten, wenn sehr viel Platz zur Verfügung steht, weil meine Perlhühner haben immer die Hühner gemoppt, dagegen kamen sie mit den Puten immer super gut aus und streiften mit denen durchs Gelände, ihre Warnrufe sind sicher nicht zu überhören [emoji2](ich find sie toll!)

Gesendet von meinem SM-A415F mit Tapatalk

Mitina
25.06.2021, 06:44
Toller Text Okina,
Ich lese und lerne.
Danke

Darwin
25.06.2021, 14:26
Mein Jungtierschutz ist folgender: Vor dem Alter von 10 Wochen kommt mir kein Küken raus, denn ich geh gar nicht davon aus, dass das überhaupt funktionieren könnte.

Meine kommen mit fünf Tagen raus. Und "raus" heißt hier, auf 1,4 Hektar Freilauf. Das funktioniert, wenn man Okinas Tipps befolgt, die richtige Rasse wählt und seinen Hund ein wenig darauf trainiert, den Hähnen und Krähen zuzuhören. Meine ältesten Hennen sind neun Jahre alt...

Birgit K
25.06.2021, 22:27
Seid meine Puten mit laufen habe ich keine Verluste mehr :-)

Der Puter passt wahnsinnig gut auf. Bei dem kleinsten Warnton ist alles unter den Büschen.
Inzwischen passt auch die Absprache zwischen Hahn und Puter sehr gut.

Evtl. schreckt aber auch die Größe vom Puter ab.

amigi
26.06.2021, 07:33
Ich hatte schon oft Perlhühner. Mein Geflügel lebt im Freilauf. Die Perlhühner warnen zwar, doch meist bleiben die nicht in der Nähe des Hauses, ihr Bewegungs - Radius ist 100erte Meter vom Haus entfernt. Hatten auch schon selbst gebrütet, die Küken waren gute Beute für die Krähen. Nach zwei Tagen kein einziges mehr. Älter als 3 Jahre ist keines geworden, dafür hat der Fuchs gesorgt.

Okina75
26.06.2021, 19:08
Das meine ich- werden domestikationsbedingt "dämlicher", behalten aber ihre Wildinstinkte fast unverändert bei, bzw. verlieren genau die falschen. Wie sinnige Feindvermeidung, was zusammen keine all zu optimale Kombi ergibt :kein.

Rackelhuhn
27.06.2021, 10:36
Seid meine Puten mit laufen habe ich keine Verluste mehr :-)

Der Puter passt wahnsinnig gut auf. Bei dem kleinsten Warnton ist alles unter den Büschen.
Inzwischen passt auch die Absprache zwischen Hahn und Puter sehr gut.

Evtl. schreckt aber auch die Größe vom Puter ab.

Wie vermeidest du die SKK? Danke

altsteirerzucht
27.06.2021, 14:43
Hallo,
auch Ich hatte in den letzten Wochen einige Verluste durch Greifvögel, und das, obwohl die Hühner viele Versteckmöglichkeiten wie Büsche und Bäume haben, Zwergziegen mitlaufen und ich 2 krähende, wachsame Hähne habe. Da ich dadurch schon mindestens 10 Hühner verloren habe (meistens waren es Küken, aber auch ausgewachsene Hennen), habe ich mich dazu entschieden, eine Voliere zu bauen, die die Hühner schützt. Dies ist, denke ich, die sicherste Variante. Wenn der Greifvogel die Hühner wirklich will, dann wartet er bis sich ein passender Moment ergibt und greift zu. Ohne Voliere ist es bei mir 2 Jahre ohne Verluste gutgegangen, dann hat der Greifvogel einmal ein Huhn geholt und seitdem sitzt er oft morgens schon vor dem Hühnerstall und wartet darauf, dass die Hühnerklappe sich öffnet und er zuschnappen kann.
Es wäre jedoch trotzdem interessant, das mit den Perlhühnern mal zu versuchen. Unterscheiden diese sich mit der Haltung der Hühner sehr? Hat jemand damit Erfahrungen? Schlafen sie auch auf Sitzstangen? Fressen sie das Gleiche wie die Hühner?

Viele Grüsse :)

Sorteng
27.06.2021, 19:19
Wenn du dieses Thema durchliest kannst du dir eigentlich gut eine Meinung bilden. Wenn du dann immer noch Fragen zur Perlhuhnhaltung hast findest du die Antworten wahrscheinlich im entsprechenden Forenbereich. Einfach suchen.

renrew
29.06.2021, 08:38
habe ich mich dazu entschieden, eine Voliere zu bauen, die die Hühner schützt. Dies ist, denke ich, die sicherste Variante
Bei etwa 100 Tieren und Ausläufen in passender Größe, das heißt, so das sie grün bleiben, wird das nicht ganz einfach.


seitdem sitzt er oft morgens schon vor dem Hühnerstall und wartet darauf, dass die Hühnerklappe sich öffnet und er zuschnappen kann.
Na noch leichter kann er dir es nicht mehr machen! !

sil
29.06.2021, 11:58
Hallo,
auch Ich hatte in den letzten Wochen einige Verluste durch Greifvögel, und das, obwohl die Hühner viele Versteckmöglichkeiten wie Büsche und Bäume haben, Zwergziegen mitlaufen und ich 2 krähende, wachsame Hähne habe. Da ich dadurch schon mindestens 10 Hühner verloren habe (meistens waren es Küken, aber auch ausgewachsene Hennen), habe ich mich dazu entschieden, eine Voliere zu bauen, die die Hühner schützt. Dies ist, denke ich, die sicherste Variante. Wenn der Greifvogel die Hühner wirklich will, dann wartet er bis sich ein passender Moment ergibt und greift zu. Ohne Voliere ist es bei mir 2 Jahre ohne Verluste gutgegangen, dann hat der Greifvogel einmal ein Huhn geholt und seitdem sitzt er oft morgens schon vor dem Hühnerstall und wartet darauf, dass die Hühnerklappe sich öffnet und er zuschnappen kann.
Es wäre jedoch trotzdem interessant, das mit den Perlhühnern mal zu versuchen. Unterscheiden diese sich mit der Haltung der Hühner sehr? Hat jemand damit Erfahrungen? Schlafen sie auch auf Sitzstangen? Fressen sie das Gleiche wie die Hühner?

Viele Grüsse :)

So wie Du das beschreibst, werden Perlhühner gegen den Habicht auch nichts ausrichten können. Es ist eher unwahrscheinlich, daß die Perlhühner morgens aaus dem Stall stürmen um sich sogleich auf den wartenden Raubvogel zu stürzen ...

Wenn ein Habicht mehrfach Erfolg hat, kann es auch daran liegen, daß die Hähne nicht wirklich gut aufpassen, vielleicht auch, weil sie bei unübersichtlichem Gelände nicht alles im Blick haben können und/oder weil die Hennen einfach nicht gut genug auf Warnungen konditioniert sind. Die beste Habichtabwehr bei freilaufenden Hühnern ist meiner Erfahrung nach, wenn sich mehrere Hähne für die Damen zuständig fühlen. Hennen teilen sich gerne in Grüppchen auf und strolchen unbhängig von den anderen Hennen durchs Gelände. Hähne können deswegen nur eine begrenzte Anzahl Hennen unter Aufsicht halten. Durch Locken und Aufpassen versucht ein Hahn, möglichst viele Hennen davon zu überzeugen, seine Gesellschaft zu suchen. Sind mehrere Hähne bei der Truppe, sind auch viel weniger Hennentrüppchen ohne Hahnenbegleitung unterwegs. Da jeder Hahn aufpasst und bei Gefahr warnt, werden weniger potentielle Gefahren übersehen. Kommt es zu einem Angriff auf eine Henne, bringt mindestens einer der Hähne (meist der Chef) die Mädels in Sicherheit, während die anderen versuchen, der angegriffenen Henne zu helfen. Ich habe schon mehrfch beobachtet, wie sich die Hähne Habicht, Katze, sogar schon einem Fuchs stellten und die betroffene Henne doch noch mit dem Leben davonkam. Dieser aktive Schutz gilt aber nur für erwachsene Hennen. Jungtiere vor der Legereife müssen auf sich selber aufpassen. Wenn sie frühzeitig lernen, auf das Warnen der Hähne zu regieren, haben sie gute Chancen, erwachsen zu werden.